Die großen Geschichten Hollywoods und die kleinen Wunder des Lebens: manchmal braucht es mehrere Anläufe, um einen Traum zu verwirklichen.
I’ll think of you every step of the way.
Whitney Houston (1992)
1975 ist Lawrence Kasdan sechsundzwanzig Jahre alt. Er hat Pädagogik an der University of Michigan studiert und 1971 abgeschlossen, um Englischlehrer an einer Highschool zu werden. Doch es gibt keine Stellen für Englischlehrer, und Kasdan muss umdenken.
Also schreibt er Drehbücher. Aber auch dabei bleibt der Erfolg aus. Das sechste Drehbuch, das er verfasst, handelt von einer Sängerin, die sich in ihren Leibwächter verliebt. Es ist das erste Drehbuch, das er wirklich gut findet. Für die Titelrolle hat er Steve McQueen im Hinterkopf. Denselben kann er zwar nicht für sein Drehbuch begeistern, aber immerhin gelingt es ihm, einen Agenten auf sich aufmerksam zu machen. Kasdan zieht nach Los Angeles, das Drehbuch wird von einem Produzenten zum nächsten geschickt. Siebenundsechzig Mal wird es abgelehnt, bis sich nach zwei Jahren schließlich John Calley entschließt, die Filmrechte für Warner Bros. zu erwerben. Kasdan erhält 20.000 Dollar. Gemeinsam mit John Boorman, der als Regisseur ausgewählt wird, macht er sich daran, das Drehbuch umzuschreiben. Ryan O’Neal und Diana Ross sollen die Hauptrollen spielen. Als Letztere sich jedoch aus dem Projekt zurückzieht, wandert auch das Drehbuch 1979 zurück in die Schublade. Und bleibt dort sechs Jahre liegen.
»Was ist das für ein Mensch, der bereit ist, sein Leben für jemanden zu opfern«, sagt Kasdan 1985 zu einem Schauspieler, dem er zwischen zwei Szenen das angestaubte Drehbuch in die Hände drückt, »vielleicht sogar für jemanden, den er nicht einmal mag?« Aus dem erfolglosen Drehbuchautor ist inzwischen ein bekannter Regisseur geworden. Und auch aus dem bis dahin nahezu unbekannten Schauspieler – die Nebenrolle in dem Western »Silverado« hat er einem Freundschaftsdienst von Kasdan zu verdanken – soll in der Folge ein gefeierter Star werden. Sein Name ist Kevin Costner.
Noch einmal sechs Jahre später – Kevin Costner ist gerade mit zwei Oscars ausgezeichnet worden – wird die Schublade auf Drängen des Schauspielers wieder geöffnet. In »The Bodyguard« soll nun Whitney Houston die weibliche Hauptrolle spielen. Die zweite Chance für das Drehbuch markiert einen Wendepunkt. Der Film wird ein Welterfolg. Und irgendwo singt Whitney Houston auch heute noch »I will always love you«.
Genauso wie »The Bodyguard« eine zweite Chance bekam und zum Welterfolg wurde, haben auch wir die zweite Chance genutzt, um es erneut mit Elvis und Fate zu versuchen. Im vergangenen Jahr fiel Fates Läufigkeit in die ersten Maiwochen. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, hatten wir doch ein Ferienhaus in den schottischen Highlands gemietet und geplant, mit den Hunden dort ab dem 20. Mai drei Wochen zu verbringen. »Wenn Fate erst in der dritten Läufigkeitswoche steht, ist das zu spät«, sagte ich damals, und sah Dirk schon mit den Hunden alleine fahren, »dann muss ich hier bleiben und darauf hoffen, dass es zeitig klappt!« Wider Erwarten lieferte dann aber schon der erste Progesterontest am zehnten Tag der Läufigkeit das gewünschte Ergebnis – und zwei Tage, bevor wir nach Schottland aufbrechen wollten, wurde Fate von Elvis gedeckt. Der Ultraschall, der gleich nach unserer Rückkehr erfolgte, fiel aber dennoch ernüchternd aus: Fate hatte nicht aufgenommen. Weil bereits abzusehen war, dass ihre nächste Hitze mit der von Heidi zusammen fallen würde, und wir nur ungern zwei Würfe gleichzeitig aufziehen mochten, entschieden wir zu warten: »Dann hat sie ihren ersten Wurf eben erst im kommenden Jahr!«
Wieder war es Anfang Mai. Für unsere Planung jedoch zwei Wochen zu früh. Nicht nur Fate, sondern auch Elvis war zur Bundessiegerausstellung in Dortmund gemeldet worden. Beiden fehlte nur noch eine Anwartschaft, um den VDH-Champion zu komplettieren. Während Dirk noch darauf hoffte, dass die Stehtage der Hündin nach dem Ausstellungswochenende fallen würden, hatte ich anderes im Gefühl: »Stellt euch schon einmal darauf ein, dass das Wochenende anstregend wird!« Ich sollte Recht behalten.
Nachdem Elvis sich am Freitag die letzte Anwartschaft erlaufen hatte, wurde Fate am späten Nachmittag zum ersten Mal gedeckt. Dirk brachte ihn aus Dortmund mit – und als ich schließlich auch von einer Wurfabnahme im Ederbergland zurückgekehrt war, die ich schon Wochen zuvor vereinbart hatte, standen wir mit den beiden Hunden im einsetzenden Regen. »Bittersweet memories, that’s all I’m taking with me«, summte ich vor mich hin, »hoffen wir, dass es sich diesmal gelohnt hat!«
Die fünfte Trächtigkeitswoche liegt hinter uns. Fate geht es gut. Sehr gut, sogar. Aber sie hat schließlich nicht nur einen Bodyguard.
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