Die achte Trächtigkeitswoche: die letzten Tage vor der Geburt unserer Border Collie Welpen – und die letzten Nächte im alten Jahr.

Tell that boy to jump for joy.
Duke Elling­ton (1941)

Es ist Nacht. Schon zum zwei­ten Mal wer­de ich von auf­ge­reg­ten Schrit­ten auf der Trep­pe geweckt. Weil die­sel­ben sich beharr­lich wie­der­ho­len – von oben nach unten, von unten nach oben, dann wie­der von vorn –, schla­ge ich schließ­lich die Decke zurück und set­ze mich auf. Wäh­rend ich im Dun­kel kaum die blin­ken­den Zah­len der Uhr ent­zif­fern kann, die gleich gegen­über auf der Anrich­te steht, wird der Flur zu mei­ner Lin­ken durch das schwa­che Licht der Küchen­lam­pe erhellt, die am Vor­abend, so neh­me ich an, aus­zu­schal­ten ver­ges­sen wor­den ist. Dort, im Durch­gang, steht ein Hund. 

»Es ist nicht unge­wöhn­lich, dass die letz­ten Tage der Träch­tig­keit durch eine zuneh­men­de Unru­he geprägt sind«, den­ke ich, als ich gäh­nend auf den schwer atmen­den Schat­ten im Flur zu stol­pe­re, »wo die wach­sen­de Lei­bes­fül­le immer stär­ker auf Darm und Bla­se drückt, wol­len bei­de auch immer öfter ent­leert wer­den«. Es wun­dert mich also nicht, dass die Hün­din, kaum, dass sie mich erblickt hat, schon die bei­den Stu­fen bis zu der Tür hin­un­ter gesprun­gen ist, hin­ter der sich die Trep­pe zum Gar­ten ver­birgt. Auf Tür und Trep­pe folgt noch eine Tür. Folgt noch ein­mal War­ten. Dann ver­schwin­det sie eilig in der Dun­kel­heit. 

Ich blei­be frie­rend zurück. Und statt der Hün­din, die auf ihrem nächt­li­chen Gang wie­der ein­mal die Zeit ver­ges­sen zu haben scheint, sind es Fra­gen, die aus der Dun­kel­heit auf­tau­chen. 

Die letz­ten Tage vor jeder Geburt sind wie die letz­ten Tage im aus­klin­gen­den Jahr. Die glei­che Vor­freu­de. Die glei­chen Sor­gen. Das glei­che ange­spann­te War­ten, bis die Zei­ger der Uhr end­lich auf Mit­ter­nacht vor­ge­rückt sind. Als Züch­ter ver­su­che ich ger­ne, alle Unsi­cher­hei­ten weg­zu­lä­cheln. »Das wird schon!«, zu sagen. Auch wenn ich selbst nicht sagen kann, wel­che Wün­sche sich erfül­len und wel­che ent­täuscht wer­den müs­sen. Auch wenn ich selbst erst dann wie­der lächeln kann, wenn das Feu­er­werk ver­raucht und der letz­te Wel­pe gebo­ren wor­den ist. 

Und doch läch­le ich, als ich spä­ter die ers­ten Freu­den­sprün­ge unter der Hand spü­re, die auf dem Bauch der Hün­din liegt. Weil jeder davon ein Ver­spre­chen ist. Das alles gut und alles neu wird. Wie­der einmal.

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