Die siebte Trächtigkeitswoche: angestrengte Geschäftigkeit hier, ruhige Gelassenheit da – der ganz normale Wahnsinn zwischen Wurfkiste und Weihnachtsbaum.

Einem Kind, das noch an den Weih­nachts­mann glaubt, stün­de wohl die glei­che Ent­täu­schung ins Gesicht geschrie­ben, wür­de man ihm sagen, dass es den­sel­ben gar nicht gibt. Dass das besag­te Kind schon sei­nen fünf­zigs­ten Geburts­tag gefei­ert hat, scheint dabei uner­heb­lich zu sein. »Wir haben aber doch jedes Jahr einen Baum«, sagt es und ver­schränkt trot­zig die Arme vor der Brust. Ich las­se die Augen rol­len. »Der Baum schmückt sich aber nun mal nicht von allei­ne«, sage ich und neh­me dabei unbe­wusst die glei­che abweh­ren­de Hal­tung ein, »ich habe mir vor­ge­nom­men, vor den Fei­er­ta­gen noch die Wurf­kis­te auf­zu­bau­en und das Wel­pen­zim­mer her­zu­rich­ten, da bleibt kei­ne Zeit mehr für dei­nen blö­den Baum«. Das fünf­zig­jäh­ri­ge Kind wen­det sich ab, steht aber kaum einen Augen­blick spä­ter schon wie­der vor mir, die wat­tier­te Win­ter­ja­cke bis zum Kra­gen geschlos­sen. »Wo willst du denn jetzt noch hin?«, fra­ge ich. »Einen Baum holen, was sonst?«, gibt es dar­auf so unbe­ein­druckt zurück, als habe das Gespräch, das gera­de erst geführt wor­den ist, gar nicht statt­ge­fun­den. Und dann lächelt es: »Ist ja nicht so, als könn­test nur du den Baum schmü­cken«. Das hät­te es bes­ser nicht sagen sollen.

Wäh­rend es die Hün­din ab der sieb­ten Träch­tig­keits­wo­che ger­ne ruhi­ger ange­hen lässt, ver­fällt der Züch­ter in den letz­ten Wochen vor der Geburt in ange­streng­te Geschäf­tig­keit. Was nicht mehr aus­rei­chend vor­han­den ist, muss besorgt oder nach­be­stellt wer­den, und was seit dem letz­ten Wurf in den Schrän­ken gele­gen hat, den Weg in die Wasch­ma­schi­ne fin­den. In den Päck­chen, die bei uns in die­sem Jahr zu Weih­nach­ten geöff­net wer­den, fin­den sich also viel eher Des­in­fek­ti­ons­mit­tel, Jod und Wel­pen­milch, als fest­li­che Gaben – und statt der Tisch­de­cke für das Fest­tags­mahl dre­hen sich Hand­tü­cher und Laken bei 90 Grad in der Trom­mel. Wer braucht da schon noch einen Weih­nachts­baum? 

Die Hun­de ste­hen bel­lend im Flur, als der­sel­be durch die Haus­tür gescho­ben wird. Ich bin mit dem halb vol­len Eimer, auf dem sich eine hohe Schaum­kro­ne gebil­det hat, eigent­lich schon halb die Trep­pen hin­auf, um vor dem Auf­bau der Wurf­kis­te noch ein­mal das Wel­pen­zim­mer zu put­zen, über­le­ge es mir aber anders und blei­be ste­hen. »Klei­ner als sonst«, sage ich. Hin­ter dem Baum ächzt es. »Dafür gab es wohl zwei Spit­zen zum Preis von nur einer.« Weil das unbe­ant­wor­tet bleibt und der Baum im Wohn­zim­mer ver­schwin­det, set­ze auch ich mei­nen Weg ins Wel­pen­zim­mer fort. Kaum, dass ich das­sel­be zur Hälf­te geputzt habe, höre ich aber Schrit­te, die pol­ternd die Trep­pe hin­auf kom­men, und schließ­lich noch mehr lau­tes Pol­tern unter dem Dach.

»Weih­nach­ten ohne Baum ist so wie schwan­ger ohne dick wer­den«, sagt Dirk, als er das letz­te Bau­teil der Wurf­kis­te vor dem Wel­pen­zim­mer abstellt. Den Baum habe ich des­halb dann auch ohne wei­te­re Wider­wor­te geschmückt. Und den dicken, schwan­ge­ren Hund – mit weih­nacht­li­chen 66 Zen­ti­me­tern in der Tail­le und 72 Zen­ti­me­tern am Bauch – gleich mit. 

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