Die siebte Trächtigkeitswoche: angestrengte Geschäftigkeit hier, ruhige Gelassenheit da – der ganz normale Wahnsinn zwischen Wurfkiste und Weihnachtsbaum.
A day or two ago, the story I must tell,
I went out on the snow and on my back I fell.
James Lord Pierpont (1822–1893)
Einem Kind, das noch an den Weihnachtsmann glaubt, stünde wohl die gleiche Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, würde man ihm sagen, dass es denselben gar nicht gibt. Dass das besagte Kind schon seinen fünfzigsten Geburtstag gefeiert hat, scheint dabei unerheblich zu sein. »Wir haben aber doch jedes Jahr einen Baum«, sagt es und verschränkt trotzig die Arme vor der Brust. Ich lasse die Augen rollen. »Der Baum schmückt sich aber nun mal nicht von alleine«, sage ich und nehme dabei unbewusst die gleiche abwehrende Haltung ein, »ich habe mir vorgenommen, vor den Feiertagen noch die Wurfkiste aufzubauen und das Welpenzimmer herzurichten, da bleibt keine Zeit mehr für deinen blöden Baum«. Das fünfzigjährige Kind wendet sich ab, steht aber kaum einen Augenblick später schon wieder vor mir, die wattierte Winterjacke bis zum Kragen geschlossen. »Wo willst du denn jetzt noch hin?«, frage ich. »Einen Baum holen, was sonst?«, gibt es darauf so unbeeindruckt zurück, als habe das Gespräch, das gerade erst geführt worden ist, gar nicht stattgefunden. Und dann lächelt es: »Ist ja nicht so, als könntest nur du den Baum schmücken«. Das hätte es besser nicht sagen sollen.
Während es die Hündin ab der siebten Trächtigkeitswoche gerne ruhiger angehen lässt, verfällt der Züchter in den letzten Wochen vor der Geburt in angestrengte Geschäftigkeit. Was nicht mehr ausreichend vorhanden ist, muss besorgt oder nachbestellt werden, und was seit dem letzten Wurf in den Schränken gelegen hat, den Weg in die Waschmaschine finden. In den Päckchen, die bei uns in diesem Jahr zu Weihnachten geöffnet werden, finden sich also viel eher Desinfektionsmittel, Jod und Welpenmilch, als festliche Gaben – und statt der Tischdecke für das Festtagsmahl drehen sich Handtücher und Laken bei 90 Grad in der Trommel. Wer braucht da schon noch einen Weihnachtsbaum?
Die Hunde stehen bellend im Flur, als derselbe durch die Haustür geschoben wird. Ich bin mit dem halb vollen Eimer, auf dem sich eine hohe Schaumkrone gebildet hat, eigentlich schon halb die Treppen hinauf, um vor dem Aufbau der Wurfkiste noch einmal das Welpenzimmer zu putzen, überlege es mir aber anders und bleibe stehen. »Kleiner als sonst«, sage ich. Hinter dem Baum ächzt es. »Dafür gab es wohl zwei Spitzen zum Preis von nur einer.« Weil das unbeantwortet bleibt und der Baum im Wohnzimmer verschwindet, setze auch ich meinen Weg ins Welpenzimmer fort. Kaum, dass ich dasselbe zur Hälfte geputzt habe, höre ich aber Schritte, die polternd die Treppe hinauf kommen, und schließlich noch mehr lautes Poltern unter dem Dach.
»Weihnachten ohne Baum ist so wie schwanger ohne dick werden«, sagt Dirk, als er das letzte Bauteil der Wurfkiste vor dem Welpenzimmer abstellt. Den Baum habe ich deshalb dann auch ohne weitere Widerworte geschmückt. Und den dicken, schwangeren Hund – mit weihnachtlichen 66 Zentimetern in der Taille und 72 Zentimetern am Bauch – gleich mit.
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