Unser C-Wurf feiert seinen achten Geburtstag: eine Geschichte über Glück und Unglück – und warum es manchmal schwer fällt, eins vom anderen zu unterscheiden.
Whit’s fur ye’ll no go by ye!
transl: What’s for you will not go by you.
Schottische Redensart
Weit draußen, am Rande des Moores, lebte zu der Zeit zwischen den großen Kriegen ein junger Schäfer in einer schlichten Hütte. Auf Schritt und Tritt wurde er von einer Hündin begleitet, die ihm auch dann nicht von der Seite wich, wenn er das Dorf aufsuchte. Als man ihn dort eines Tages ohne seine ständige Begleiterin antraf, zeigten sich die Dorfbewohner also auffallend bestürzt, und nicht wenige fragten bei ihm nach, was denn mit der treuen Hündin geschehen sei. »Irgendetwas hat sie aufgeschreckt«, gab der Schäfer schulterzuckend darauf zurück, »über das Moor ist sie hinauf in die Hügel gerannt und seitdem verschwunden geblieben«. Besorgt schüttelte ein jeder den Kopf – und manch einer, dem das Kopfschütteln allein nicht genügen wollte, um seine Anteilnahme auszudrücken, schlug sich mit der Faust vor die Brust und schrie mit bebender Stimme: »Was für ein Unglück!«, heraus. »Ob Glück oder Unglück, das ist noch lange nicht entschieden«, gab der Schäfer darauf mit dem gleichen Schulterzucken zurück, zog den Hut und ging seines Weges.
Wochen vergingen, bis man ihn wieder zu Gesicht bekam. Im Dorf hatte sich aber bereits herumgesprochen, dass die verschwunden geglaubte Hündin wohlbehalten zu ihm zurückgekehrt war. »Doch damit nicht genug«, wusste die junge Frau des alten Ferguson zu berichten, »hoch tragend soll sie gewesen sein, als sie wieder vor seiner Türe stand«. Und tatsächlich: unter dem ersten Herbstmond hatte die Hündin bald darauf sieben starke Welpen geboren. »Was für ein Glück«, schallte es dem Schäfer also aus allen Mündern entgegen. Doch auch dieses Mal wiegelte er ab: »Ob Glück oder Unglück, das ist noch lange nicht entschieden«.
Als im folgenden Frühjahr das letzte Eis geschmolzen und endlich die Zeit gekommen war, um das Vieh zurück auf die Weiden zu treiben, entschied der Schäfer, mit der Ausbildung der sieben jungen Hunde zu beginnen. »Hätte er sich doch besonnen«, hieß es bald darauf im Dorf, »und hätte er bloß einen oder zwei der jungen Hunde zu den Schafen mitgenommen, ihm wäre nichts geschehen«. Auf Krücken, das rechte Bein schwer gebrochen, sah man ihn den schmalen Fahrweg entlang kommen, der über das Moor in die Hügel führte, und kaum, dass die ersten Häuser erreicht waren, war er von zahlreichen Neugierigen umringt. Er berichtete also, dass die jungen Hunde im Übermut die Schafe versprengt hatten. Dass er über eine Mauer aus Bruchstein gestiegen war, um den flüchtenden Schafen hinterher zu eilen. Und dass die Steine unter seinem Gewicht schließlich nachgegeben und ihm das Bein zertrümmert hatten. »Was für ein Unglück!«, waren sich die Dorfbewohner einig. Doch wieder schüttelte der Schäfer nur den Kopf: »Ob Glück oder Unglück, das ist noch lange nicht entschieden«.
»Krieg!«, titelten die Gazetten. Auch in den abgelegenen Hügeln wurden im darauffolgenden Herbst schließlich alle Männer der Wehrpflicht unterworfen, deren Alter annehmen ließ, dass sie zum Dienst an der Waffe taugten. Söhne und Väter, Brüder und Neffen. Das ganze Dorf schien mit einem Mal nur noch aus Kindern, Frauen und Greisen zu bestehen. »Was für ein Glück, dass ich mir gerade jetzt das Bein gebrochen habe«, dachte der junge Schäfer bei sich, »was für ein Glück, dass einer, der hinkt, nicht kämpfen kann«. Er tätschelte den Kopf der Hündin, die zu seiner Rechten lag: »Was für ein Glück«.
Glück lässt sich überall finden – auch wenn es dazu mitunter erforderlich ist, den Standpunkt zu wechseln oder etwas genauer hinzuschauen. Vielleicht lässt sich das auch auf den Lebensweg eines Hundes übertragen, oder besser: das kurze Wegstück, das man als Mensch gemeinsam mit einem Vierbeiner geht. Das Glück, das mit dem Einzug eines Welpen einhergeht, dürfte dabei genauso leicht nachzuvollziehen sein, wie das Unglück, wenn sich die Süße und Unbeschwertheit der Welpenzeit im Zuge des Erwachsenwerdens mit einem Mal verliert. Wenn aus dem Geben ein kräftezehrendes Nehmen wird und sich die Beziehung zwischen Mensch und Hund vor allen Dingen durch Reibung definiert. Rückblickend lässt sich irgendwann vielleicht sagen, dass genau diese schwere Zeit das größte Glück gewesen ist. Weil Mensch und Hund mit- und aneinander gewachsen sind. Vielleicht ist also gerade der achte Geburtstag ein guter Zeitpunkt, um zurückzuschauen und das Wegstück ins Auge zu fassen, das man – glücklich – gemeinsam genommen hat.
Die besten Glückwünsche zum achten Geburtstag an Zoe, Finja, Ellie, Fly, Bran, Crazy und Nova.
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