Eine Hundeausstellung – und der Versuch, die Kritik an ebensolchen als tradiertes Konstrukt zu begreifen: von Luxushunden und anderen.
Als 1863 in Hamburg die erste Ausstellung von Rassehunden in Deutschland stattfindet, liegt das Hauptaugenmerk noch auf den Jagdhunden. In den darauffolgenden fünfundzwanzig Jahren findet aber bereits eine Verschiebung zugunsten der sogenannten Luxushunde statt, mit der all jene Rassehunde bezeichnet werden, die nicht zur Gruppe der Jagdhunde gehören, und die sich nach dem deutschen Tiermaler Jean Bungartz (1854–1934) in Schutz- und Wachthunde, Stuben- und Stallhunde sowie Damenhunde unterteilen lassen.
Dass es um das Ansehen solcher Luxushunde unter den Kynologen der ersten Stunde trotz des zunehmenden Interesses in der Bevölkerung nicht zum Besten steht, lässt sich an der Entschuldigung eines Zuchtrichters ablesen, die 1895 nach der Internationalen Ausstellung in Dresden in der Wild und Hund erscheint: »Deshalb fürchte ich auch, […] daß mir meine alte Freundin Diana lange Zeit grollen wird, wenn ich ihr untreu werde und, statt ausschließlich ihren Schutzbefohlenen, den Jagdhunden, heute ausnahmsweise einmal auch den Luxus- und kleinen Damenhunden meine Freundschaft beweise«. Aus der – dem englischen sporting dog und non-sporting dog entsprechenden – wertfreien Kategorisierung, ist so also bereits um die Jahrhundertwende eine Begrifflichkeit geworden, die negativ besetzt ist.
Auch in der kynologischen Wochenschrift Hundesport und Jagd, die von 1885 bis 1914 von Ernst von Otto – einem der Mitbegründer des deutschen Kartells für Hundewesen – herausgegeben wird, lässt sich das in manchem Beitrag bemerken: »Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass bittere Gefühle in den allermeisten Volkskreisen ausgelöst werden, wenn irgend ein Protz mit seinem Renommierhund herausfordernd durch die Straßen zieht, während mancher Familienvater nicht weiss, wie er seine Kinder sattfüttern soll«. Jemand, der einen Hund ausschließlich als Begleithund hält – als companion animal, dem englischen Vorbild entsprechend – ist also bereits in der Frühzeit des deutschen Hundewesens als Mensch mit fragwürdiger moralischer Gesinnung bewertet worden.
Das setzt sich bis heute fort – und insbesondere dort, wo Hunde ein und derselben Rasse nicht allein nach dem Standard, sondern auch nach Arbeitsleistung gezüchtet werden, ist das Getöse ganz besonders laut. Was man als Besitzer und Aussteller eines solchen Luxus- oder Renommierhundes darauf erwidert? Nichts. Man lächelt bloß, drückt seinem Hund einen fechten Schmatzer auf und nimmt sich seine Schleife. Weil immer geredet wird. Immerhin hat das – so wie die Rassehundezucht – in Deutschland seit mehr als 150 Jahren Tradition.
14|10|2022 – Herbstsieger Ausstellung Dortmund
Richter: Claus-Peter Fricke (D)
Broadmeadows Higher Love, Fate
Zwischenklasse Hündinnen (8) V1 CAC
1. Anwartschaft Dt. Champion VDH/Club
© Johannes Willwacher