Border Collie Welpe beim Auszug mit 9 Wochen
01|10|2022 – Miri­am und Andre­as und ihr Scot­ty (Broad­me­a­dows I’ll Be Your Mirror)

Letzte Worte, die aber ganz bestimmt nicht die allerletzten sind: für Scotty und Miriam, die sich heute auf den Weg in ihr gemeinsames Leben gemacht haben.

Es steht geschrie­ben, dass es vor lan­ger Zeit – unter der Herr­schaft des indi­schen Groß­kö­nigs Har­sha Vardha­na – einen präch­ti­gen Tem­pel auf einer Anhö­he gab, den man den Tem­pel der tau­send Spie­gel nann­te. Wer den Säu­len­gang unter dem hoch auf­ra­gen­den Turm pas­sier­te, und den aus rotem Sand­stein errich­te­ten Tem­pel betrat, soll sich dar­in­nen in einem hohen Saal wie­der­ge­fun­den haben, der an allen Wän­den mit fein geschlif­fe­nen Spie­geln aus­ge­klei­det war. 

Nun begab es sich, dass eines Tages ein jun­ger Hund die Stu­fen des Tem­pels hin­auf lief und sich in das Inne­re des Tem­pels ver­irr­te. Tau­send Hun­de blick­ten dem Ärms­ten dort drin­nen aus tau­send Spie­geln ent­ge­gen – so vie­le, dass er es mit der Angst zu tun bekam, das Nacken­fell sträub­te und die Zäh­ne fletsch­te. Tau­send Hun­de taten es ihm gleich – sie knurr­ten, gei­fer­ten und keif­ten –, und weil der jun­ge Hund sogleich die Flucht ergriff, leb­te er bis zu sei­nem letz­ten Tag in dem Glau­ben, die Welt sei ein schlim­mer Ort, der nur aus bösen Hun­den besteht.

Vie­le Jah­re spä­ter soll noch ein zwei­ter Hund den glei­chen Weg gegan­gen sein – vor­bei an den mäch­ti­gen Säu­len, hin­ein in das Dun­kel unter dem ver­wit­ter­ten Turm. Auch ihm blick­ten tau­send Hun­de aus tau­send Spie­geln ent­ge­gen – allein, dass er sich über die uner­war­te­te Gesell­schaft freu­te, und fröh­lich hin und her zu sprin­gen begann. Obgleich die Hun­de hin­ter den Spie­geln sich kaum auf sein Spiel ein­las­sen zu wol­len schie­nen – sie jag­ten vor­bei, aber kei­ner ihm nach –, ver­ließ der Hund den Tem­pel in der fes­ten Über­zeu­gung, dass ihm jeder, der ihm noch begeg­nen kön­ne, wohl­ge­son­nen sei. 

Nicht weni­ge wer­den sich wohl in dem Hund wie­der­erken­nen, der sich und die Welt als schlimm und schlecht begreift. Wenn es nach Lou Reed geht, dann ist auch Nico, die The Vel­vet Under­ground für eini­ge Jah­re ihre Stim­me gelie­hen hat, ein sol­cher Men­schen gewe­sen. Einer, der sich selbst nie genug gewe­sen ist, nie sei­nen Platz in der Welt gefun­den hat. »Jedes ein­zel­ne Wort war für sie bestimmt«, sag­te der Musi­ker über das 1966 ent­stan­de­ne I’ll Be Your Mir­ror, »jedes Wort, nur damit sie sich bes­ser fühlt«. Dass die Lie­bes­be­zie­hung der bei­den kurz dar­auf zer­brach – auch Spie­gel tun das gele­gent­lich –, und bei­de musi­ka­lisch getrenn­te Wege gin­gen, ändert aber nichts an den tief­grei­fen­den Gefüh­len, die sich aus jeder Zei­le lesen las­sen: »Ich wer­de der Wind sein, der Regen und der Son­nen­un­ter­gang, das Licht an dei­ner Tür, das dir zeigt, dass du zuhau­se bist«.

Ein Hund kann ein Spie­gel sein. Einer, in dem man nicht nur die bes­ten Sei­ten sei­nes Selbst, son­dern auch die gan­ze Schön­heit der Welt erkennt. Ich wün­sche mir, Scot­ty wird genau die­ser Hund für dich sein!

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