Leicht gesagt, dass man einen Hund am Ende seines Lebens nicht leiden lassen will: eine Entscheidung – und ein Abschied für immer.
The part of me that’s you will never die.
Always remember us this way, Lady Gaga (2018)
»Leiden lassen werde ich ihn nicht«, sagt meine Mutter, als ich sie am frühen Morgen anrufe, um mich nach dem Befinden von Neo zu erkundigen, »wenn sich sein Zustand seit gestern nicht deutlich gebessert hat, werden wir eine Entscheidung treffen müssen«. Dass ihr diese Entscheidung nicht leicht fallen wird, merke ich ihrer Stimme an, die leise und brüchig wirkt – und vielleicht, weil auch ich mich noch an einem letzten bisschen Hoffnung festhalten mag, erwidere ich bloß: »Wir werden sehen!«
Als das Telefon gegen Mittag ein zweites Mal läutet, ahne ich aber bereits, was man mir mitteilen wird. »Die Tierärztin meinte, dass sie genauso entschieden hätte, wenn es ihr Hund gewesen wäre«, sagt meine Mutter mit der gleichen, brüchigen Stimme wie am Vormittag, »die Augen haben geflimmert und er hat kaum noch den Kopf heben können, das war doch kein Leben mehr!« Ich schweige. Weiß nicht, was ich sagen soll. Und versuche mir stattdessen den beinahe dreizehnjährigen Rüden in Erinnerung zu rufen. Ihn zu sehen, mit all den Gebrechen, die im vergangenen Jahr immer deutlich geworden sind. Und mir dann vorzustellen, wie er sich ausgiebig schüttelt, und die Last des Lebens endlich von ihm abfällt. »Es tut mir so leid«, sage ich schließlich.
Mehr kann ich auch jetzt noch nicht sagen.
Neo, Dimni from Spirit of the Highland
28. Mai 2009 – 7. Mai 2022
© Johannes Willwacher