Border Collie Hündinnen im Lerchensporn, Broadmeadows Border Collie Zucht
11|04|2022 – Halo und Fate

Frühlingsgefühle – und ganz viel Natur: über läufige Hündinnen, tanzende Rüden und die Aufgaben, die jeder im Rudel übernimmt.

Am Ran­de eines gro­ßen, dunk­len Wal­des leb­te ein Wolfs­ru­del. Zu dem Wolfs­rü­den und der Fähe, die ein­an­der treu ver­bun­den waren, gesell­te sich in jedem Jahr ein Wurf von sechs bis acht Wel­pen, von denen aber sel­ten mehr als die Hälf­te das ers­te Jahr über­leb­te. So kam es, dass in die­sem Jahr bloß drei Jähr­lin­ge zu dem Wolfs­ru­del gehör­ten: ein jun­ger Rüde, der es kaum erwar­ten konn­te, der elter­li­chen Für­sor­ge zu ent­flie­hen und sich auf Wan­der­schaft zu bege­ben, sowie zwei jun­ge Wolfs­fä­hen, die man schwer­lich allei­ne antref­fen konn­te – eine, wie der Schat­ten der ande­ren. Als die Fähe im Früh­jahr nun end­lich ihren nächs­ten Wurf gebo­ren hat­te – in einem schma­len Erd­loch, das sich zwi­schen den steil auf­ra­gen­den Wur­zeln einer umge­stürz­ten Eiche befand –, und sich die kaum drei Wochen alten Wel­pen anschick­ten, den duf­ten­den Wald­bo­den jen­seits der Höh­le zu erkun­den, mach­te sich auch bei den bei­den ein­jäh­ri­gen Fähen ein Wan­del bemerk­bar. Ganz ohne jemals selbst Mut­ter gewe­sen zu sein, wuch­sen bei­de näm­lich zuse­hends in die Mut­ter­rol­le hin­ein – und wenn die Wel­pen trin­ken woll­ten, dann tran­ken sie ganz selbst­ver­ständ­lich auch bei ihnen. »Damit die Wel­pen über­le­ben kön­nen«, hat­te die alte Fähe gesagt und dabei ein halb zer­kau­tes Wie­sel her­vor­ge­würgt, das von den Wel­pen sogleich wie­der zer­ris­sen und ver­schlun­gen wur­de, »muss jeder mit­hel­fen«. Also lie­ßen es sich die­sel­ben auch bei ihren älte­ren Schwes­tern schme­cken, wenn die Mut­ter sich auf der Jagd befand. Und weit bis in den Herbst hin­ein waren alle satt.

Border Collie Hündin im Lerchensporn
31|03|2022 – Halo, Broad­me­a­dows Halo

»Man kann also nicht gera­de behaup­ten, die Natur habe sich nichts dabei gedacht«, sage ich zu Dirk, als ich zu Ende erzählt habe. Wäh­rend Dirk noch zu über­le­gen scheint, was er dar­auf erwi­dern soll, wer­fe ich einen Blick über mei­ne Schul­ter und kann gera­de noch den umge­stürz­ten Baum ent­de­cken, den wir vor kaum fünf Minu­ten pas­siert haben, bevor er hin­ter der Weg­bie­gung ver­schwin­det. »Das heißt also, dass eine Schein­träch­tig­keit in einem Wolfs­ru­del immer einen Zweck erfüllt?«, will Dirk schließ­lich wis­sen. »Im Gegen­satz zu einem Hun­de­ru­del, in dem die Zyklen der Hün­din­nen in den sel­tens­ten Fäl­len syn­chron ver­lau­fen, hat die Natur bei frei­le­ben­den Wöl­fen ziem­lich gut vor­ge­sorgt«, ant­wor­te ich, »wenn das Nah­rungs­an­ge­bot nicht aus­reicht oder die Fähe zu wenig Milch hat, um die Wel­pen zu ver­sor­gen, kön­nen so auch die jun­gen Wöl­fin­nen ein­sprin­gen und die Wel­pen säu­gen«. Dirk nickt: »Ammen­auf­zucht, sozu­sa­gen«. »Genau das«, gebe ich zurück, um schließ­lich noch hin­zu­zu­fü­gen, dass der Bedarf bei unse­ren Haus­hun­den nur in den sel­tens­ten Fäl­len gege­ben ist. »Weil aber jede Hün­din nach der Läu­fig­keit hor­mo­nell die glei­chen Pro­zes­se durch­läuft, wie eine tra­gen­de Hün­din, und es zum bio­lo­gisch vor­ge­se­he­nen Geburts­ter­min gleich­zei­tig zu einem Abfall von Pro­ges­te­ron und zu einem Anstei­gen von Pro­lak­tin kommt – eben jenem Hor­mon, das für die Milch­bil­dung ver­ant­wort­lich ist –, schießt bei man­chen trotz­dem die Milch ein«. Für einen Moment bin ich mir unsi­cher, ob Dirk wäh­rend mei­ner Aus­füh­run­gen nicht gedank­lich abge­schweift ist, und habe Mühe, sei­nen Gesichts­aus­druck zu deu­ten. Dann schüt­telt er aber den Kopf: »Und war­um hat­ten wir das dann bis­lang noch nie?« Ich zucke die Ach­seln: »Viel­leicht, weil Halo ger­ne ein­mal die Ers­te sein woll­te«. Und weil damit alles gesagt ist, gehen wir schwei­gend weiter.

Körbchengröße 75 Aua

Zuhau­se begin­ne ich aber erneut zu über­le­gen. »Halo ist im Dezem­ber zum ers­ten Mal läu­fig gewe­sen, bei einer Träch­tig­keit hät­ten die Wel­pen also etwa Anfang März gebo­ren wer­den müs­sen«, sage ich laut vor mich hin. Wäh­rend ich an ihrem Ver­hal­ten in den ver­gan­ge­nen Wochen zwar nicht die typi­schen Ver­än­de­run­gen einer schein­träch­ti­gen Hün­din able­sen konn­te – weder hat­te sie Spiel­zeug gehor­tet, noch sich trä­ge vom Rudell­eben zurück­ge­zo­gen –, hat­te ich zur Monats­mit­te hin doch bemerkt, dass ihr Gesäu­ge ange­schwol­len war. Bedenk­lich fand ich das aber erst ein­mal nicht – zumeist bil­den sich die Milch­drü­sen inner­halb weni­ger Tage von ganz allei­ne zurück –, bedenk­lich fand ich das erst, als die­sel­ben plötz­lich heiß, geschwol­len und gerö­tet erschie­nen, und sich rund um die betrof­fe­nen Zit­zen ein blu­ti­ges Milch­se­kret bemer­ken ließ: »Das sieht mir doch sehr nach einer begin­nen­den Masti­tis aus«. Der Tier­arzt, dem ich Halo noch am sel­ben Tag zur Unter­su­chung vor­stell­te, sah das genau­so, ver­ord­ne­te ein Anti­bio­ti­kum sowie eine des­in­fi­zie­ren­de Sal­be, und bat mich, die Hün­din als­bald erneut vor­zu­stel­len. »Ach­ten Sie dar­auf, dass die Hün­din das Gesäu­ge nicht beleckt, um den Druck­schmerz zu lin­dern«, hat­te der Tier­arzt abschlie­ßend gesagt, »dadurch wird die Milch­bil­dung nur noch wei­ter ange­regt und der Milch­stau immer aus­ge­präg­ter«. Wes­halb sich an das kur­ze Selbst­ge­spräch nach dem mor­gend­li­chen Spa­zier­gang auch heu­te der Griff in den Wäsche­schrank anschließt – und Halo rund­her­um in bunt bedruck­te Baum­wol­le ver­packt wird. »Früh­lings­frisch«, meint die­sel­be und ver­zieht die Nase.

Border Collie Hündin auf Stein
25|03|2022 – Fate, Broad­me­a­dows Hig­her Love

Dass auch bei Fate längst der Früh­ling ein­ge­zo­gen ist, offen­bart sich kurz dar­auf. Mit stolz prä­sen­tier­ter Brust und weit auf­ge­ris­se­nen Augen tanzt Zion näm­lich um die ein­jäh­ri­ge Bor­der Col­lie Hün­din her­um, die Ohren sind genau­so steil auf­ge­rich­tet, wie die bestän­dig wedeln­de Rute. Dass die Hün­din herz­lich wenig von den Annä­he­rungs­ver­su­chen des schwarz-wei­ßen Rüden hält und jedes Mal die Lef­zen kräu­selt, sobald er sich anschickt, mit der Schnau­ze oder den Pfo­ten zu ihr durch­zu­drin­gen, stört den Rüden nicht im Gerings­ten. Ganz im Gegen­teil, scheint es ihn nur noch zusätz­lich anzu­spor­nen, je gars­ti­ger sie sich ihm gegen­über zeigt. Auf jede Zurecht­wei­sung der Hün­din fol­gen des­halb nur noch hei­ße­re Lie­bes­schwü­re, wis­sen weder Ohren, noch Rute bald schon nicht mehr, wie weit sie sich noch ver­dre­hen sol­len, ist der Rüde ein ein­zi­ges tan­zen­des Fra­ge­zei­chen. Dass die Hün­din es trotz alle­dem genießt, Kon­trol­le über den Rüden aus­zu­üben, und ihn viel­mehr vor sich her treibt, als sich ein­ge­schüch­tert zurück­zu­zie­hen, lässt mich laut auf­la­chen: »War­um wun­dert es mich nicht, wie sehr dir das taugt?« Dirk, der gera­de im Begriff ist, den voll­be­pack­ten Wäsche­stän­der aus der Wasch­kü­che zu bug­sie­ren, merkt kurz auf: »Meinst du mich?« Ich schütt­le den Kopf: »Nur dann, wenn auch bei dir eine läu­fi­ge Hün­din genügt, um Früh­lings­ge­füh­le sprie­ßen zu las­sen«. Zur Ant­wort drückt er mir eine Wäsch­klam­mer in die Hand: »In einem Wolfs­ru­del muss jeder mithelfen«.

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