Border Collie Tasche, Corona-Illustration, Hundetraining
23|05|2021 – Der zwei­te Geburts­tag in der Pan­de­mie für unse­ren F-Wurf

Unser F-Wurf feiert seinen zweiten Geburtstag: ein Versuch, dem Gedanken nachzugehen, was neben den Glückwünschen in jedem Päckchen steckt.

You would cry too, if it hap­pen­ed to you.
It’s My Par­ty, Les­ley Gore (1963)

Am Don­ners­tag­mor­gen hat­te ich mich dar­an gege­ben, die fünf Päck­chen zum Geburts­tag von Quinn, Fel­low, Finn, Mol­ly und Sis­si zu packen. Nach­dem die Glück­wunsch­kar­ten geschrie­ben und in die Umschlä­ge gesteckt, die­sel­ben – dem bei­na­he aus­ge­trock­ne­ten Kugel­schrei­ber zum Trotz – mit Namen und Adres­sen beschrif­tet wor­den waren, kratz­te ich mir nach­denk­lich am Kopf.

Während der Pandemie aufzuwachsen

»Sol­len das wirk­lich schon zwei Jah­re gewe­sen sein?«, dach­te ich. »War es nicht erst ges­tern, als wir mit­ten in der Nacht vor dem Gebäu­de der Geburts­hil­fe stan­den, und unge­dul­dig dar­auf war­te­ten, von einem der dienst­ha­ben­den Vete­ri­nä­re die erlö­sen­den Wor­te zu hören, dass der Kai­ser­schnitt geglückt und alle Wel­pen wohl­auf waren?« Zu deut­lich schie­nen mir die Bil­der noch zu sein – zu greif­bar – so wie die Umschlä­ge, vor mir auf dem Tisch. »Auf der ande­ren Sei­te scheint alles, was vor dem letz­ten Jahr gesche­hen ist, wie eine Erin­ne­rung an ein frü­he­res Leben«, mel­de­te sich schließ­lich noch ein zwei­ter Gedan­ke zu Wort, »und alles, was sich seit Beginn der Pan­de­mie ereig­net hat, scheint kaum in ein Jahr zu pas­sen«. 

Im Stock­werk über mir begann es zu rumo­ren. Die Die­len knarr­ten, als jemand dar­über schritt, und unter lau­tem Pol­tern wur­de die Schlaf­zim­mer­tür auf­ge­sto­ßen. Kurz dar­auf stol­per­ten zwei Bei­ne die Trep­pen hin­un­ter, auf die acht Pfo­ten folg­ten. »Wäh­rend der Pan­de­mie auf­zu­wach­sen«, dach­te ich noch bei mir, bevor mich die Hun­de bestürm­ten, »wie sehr wirkt sich das wohl aus, auf einen jun­gen Hund?«

Der Kauf einer neuen Waschmaschine

Erst tags dar­auf fand ich wie­der die Zeit, um an dem Gedan­ken anzu­knüp­fen. »Über die Wel­pen, die aus purer Lan­ge­wei­le ange­schafft wor­den sind – eben jene, die es ohne die Bedin­gun­gen der Pan­de­mie gar nicht gäbe –, mag ich kei­ne gro­ßen Wor­te ver­lie­ren«, dach­te ich, wäh­rend ich den letz­ten Schluck lau­war­men Kaf­fees im Mund hin und her beweg­te, »die neu­en Besit­zer der fünf Wel­pen haben sich schließ­lich sehr bewusst für ihr neu­es Fami­li­en­mit­glied ent­schie­den, und nicht so unüber­legt gehan­delt, als wür­de es dabei bloß um den Kauf einer neu­en Wasch­ma­schi­ne gehen«. 

Leicht sind die Bedin­gun­gen aber auch für die­je­ni­gen nicht gewe­sen, bei denen der ver­ant­wor­tungs­vol­len Auf­ga­be, die der Ein­zug eines Wel­pen bedeu­tet, reif­li­che Über­le­gun­gen vor­aus­ge­gan­gen sind. »Alles, was eigent­lich nor­mal für uns ist«, dach­te ich, »alle Besu­che in Cafés und Restau­rants, alle Men­schen­an­samm­lun­gen, alle Kon­tak­te über den eige­nen Haus­halt hin­aus, selbst zu Art­ge­nos­sen, haben im ver­gan­ge­nen Jahr kaum statt­ge­fun­den – und durch das Feh­len von Trai­nings­mög­lich­kei­ten hat die Pan­de­mie die Situa­ti­on für den neu­en Besit­zer noch zusätz­lich ver­schärft«. 

Was versäumt ist, bleibt versäumt

Aus einer ohne­hin gro­ßen Ver­ant­wor­tung ist so eine noch viel grö­ße­re gewor­den. Eine, die von jedem Hun­de­be­sit­zer noch mehr Kon­se­quenz und Weit­sicht for­dert. Eine, bei der jede Nach­läs­sig­keit in der Erzie­hung mit noch viel grö­ße­ren Pro­ble­men bestraft wird. »Urlaubs­rei­sen las­sen sich ver­schie­ben«, dach­te ich abschlie­ßend, als es auch an die­sem Mor­gen auf der Trep­pe zu Pol­tern begann, »was man aber bei der Prä­gung und Sozia­li­sie­rung ver­säumt, das bleibt ver­säumt«. 

Viel­leicht gel­ten die Glück­wün­sche, die wir kuver­tiert zur Post getra­gen haben, des­halb nicht nur den fünf Hun­den, son­dern auch den fünf Besit­zern. Denen, die es sich nicht zu leicht gemacht, nichts auf­ge­scho­ben haben. Die sich ihrem Wel­pen trotz der Pan­de­mie und der per­sön­li­chen Ein­schrän­kun­gen mit vol­lem Her­zen gewid­met und aus die­sem – im Gro­ßen und Gan­zen – einen gesun­den jun­gen Hund gemacht haben. Einen, bei dem es hier und da in der Erzie­hung viel­leicht noch Ver­bes­se­rungs­be­darf gibt. Der die schlech­ten Sei­ten der Pan­de­mie aber sehr viel schnel­ler ver­ges­sen haben wird, als es bei uns Men­schen jemals der Fall sein kann.

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