Weil Zuhause bleiben das Gebot der Stunde ist, darf mit Zion diesmal unsere ganz eigene Nachzucht ran: was Dirk über seinen Hund zu erzählen hat.
I’ve been searching for a trail to follow again,
take me back to the night we met.
The Night We Met, Lord Huron (2015)
»Ich weiß nicht, wie ich das diesen Monat schaffen soll«, sage ich, während ich mich über den Kalender beuge, der aufgeschlagen auf dem Küchentisch liegt, »im Grunde bleiben nur zwei Tage an zwei Wochenenden, an denen auch du zuhause bist und ich dich mit den Hunden alleine lassen kann«. Dirk schaut kurz vom Bildschirm auf und legt die Stirn in Falten. Hinter ihm ist Zion gerade im Begriff, eine seiner Pfoten auf den Stuhl zu setzen. »Dann nimm doch einfach einen der beiden Tage«, sagt er schließlich und wendet sich wieder dem Worträtsel zu, bei dem just durch einen Countdown die nächste Runde angekündigt wird, »einen Tag lang werden die Welpen schon auf dich verzichten können«. Jetzt bin ich es, der angestrengt überlegt.
»Eigentlich ist der Tag selbst gar nicht das Problem«, seufze ich, »problematisch ist eigentlich die Frage, wen ich in diesem Monat besuchen soll«. In der Folge versuche ich zu erklären, dass die Wenigen, die in den vergangenen Wochen die Initiative ergriffen und Interesse an einem Hausbesuch bekundet hatten, sich kaum als Tagesausflug erledigen lassen würden. »Und durch den Lockdown ist es ohnehin fraglich, ob ich so einfach in die Schweiz und gleich wieder zurückfahren kann«, seufze ich wieder.
Zion ist es mittlerweile gelungen, beide Vorderläufe auf dem Stuhl zu platzieren, und mit einer letzten Anstrengung schiebt er glücklich seinen Kopf unter Dirks ausgestreckten Arm. »Von den anderen kam nichts?«, will er wissen. Ich schüttle den Kopf. »Vielleicht habe ich mich da auch ganz einfach verschätzt, und den Wenigsten ist wirklich daran gelegen, den Kontakt zu halten oder den Kontakt aufzufrischen«, antworte ich und klappe den Kalender zu, »vielleicht reicht aber auch die Aussicht auf einen netten Nachmittag und ein paar kostenlose Fotos nicht aus, um die übrigen Welpenkäufer zu motivieren«.
Zions Zunge nähert sich derweil gefährlich Dirks Gesicht. »Nicht jetzt«, sagt der Mensch und schiebt den Hund mit der Schulter von sich weg. »Am einfachsten wäre, zuhause zu bleiben«, kommt mir schließlich eine Idee, »Zion ist zwar nie verkauft worden, am Ende ist er aber ja trotzdem vor allen Dingen dein Hund«. Dirk hat unter der Zudringlichkeit des schwarz-weißen Rüden endlich kapituliert und gibt sich den leidenschaftlichen Hundeküssen hin. »Ungewollt, aber unverzichtbar«, meine ich aus seinem Mund verstehen zu können. Und weil keine andere Idee besser ist, machen wir das so dann auch.
Das Leben mit Hund besteht nicht nur aus freier Zeit. Wie sieht euer gemeinsamer Alltag aus?
Dirk: Wenn ich in meinem eigenen Bett aufwachen darf – bedingt durch meine Tätigkeit als Erzieher in einem Kinder- und Jugendheim sind Nachtdienste ein fester Bestandteil meines Arbeitslebens –, kann man sich das in etwa so vorstellen: ich koche Kaffee, krieche mit dem Smartphone zurück ins Bett und klicke mich durch die Tagespresse, während Zion sich neben mir den Bauch kraulen lässt. Das Bett gehört am Morgen uns ganz allein – wenn überhaupt, wird Nell als Gast geduldet. Ansonsten kennt unser Alltag wenig Regelmäßigkeiten und orientiert sich maßgeblich an den Zeiten, die der Schichtdienst diktiert. Mal nehme ich Zion zur Arbeit mit, mal nicht. Mal wird aus der Morgenrunde eine mehrstündige Wanderung, mal muss eine halbe Stunde auf dem Feld genügen. Am einen Tag gibt es schon um neun Uhr die erste Mahlzeit, tags darauf erst gegen zwölf. Die Hunde sind da irgendwie reingewachsen und wissen, dass sie keine Routine erwarten dürfen. Was wann passiert, ist deshalb auch Zion ziemlich egal. Viel wichtiger ist, dass er mittendrin ist, und mir bei allem, was anfällt, helfen darf: Fenster putzen, Rasen mähen, Büsche schneiden – es gibt nichts, bei dem ein Hund nicht helfen, oder besser, im Weg herumstehen kann. Meine ungeteilte Aufmerksamkeit, das ist das Größte. Auch auf dem Hundeplatz.
Inwiefern hat sich dein/euer Leben durch einen Hund verändert?
Dirk: Zion war unser dritter Hund – aber der Erste, gegen den ich mich mit Händen und Füßen gewehrt habe. Dass ein Welpe aus Nells erstem Wurf bei uns bleiben sollte, ist damals nämlich über meinen Kopf hinweg entschieden worden – und zu diesem Zeitpunkt habe ich erst einmal nur die Herausforderungen gesehen, die ein dritter Hund für unseren Alltag bedeutet. Mein Herz hat der besagte Welpe dann trotzdem schnell erobert. Oder besser: völlig vereinnahmt. An der Tatsache, dass ich sein Lieblingsmensch bin, lässt sich genauso wenig rütteln, wie an dem Fakt, dass Zion unter den Dreien mein Lieblingshund ist. Auch, wenn ich immer wieder zu hören bekomme, dass ich ihn eigentlich gar nicht haben wollte. Mit ihm hat sich unser gemeinsames Leben auf jeden Fall noch einmal gewandelt – in der Form, dass es seitdem nur noch aus Hunden besteht. Das ist ein wenig, wie mit Kindern: viel Organisation – wer ist wann zuhause, wer geht wann auf den Hundeplatz, welche Sportart passt zu wem? Irgendwann pendelt sich das natürlich ein und geht in den Alltag über. Und mittlerweile denke ich, dass der dritte oder vierte Hund auch keinen großen Unterschied mehr macht.
Jemals bereut, dich für einen Border Collie entschieden zu haben?
Dirk: So richtig entschieden habe ich das nie. Vielmehr war es ja der Mann, für den ich mich entschieden habe, den es nicht ohne Border Collies gab. Aber nein, niemals bereut. Bislang bin ich mit vier Border Collies die Begleithundprüfung gelaufen und habe nicht nur auf dem Weg dorthin, sondern auch darüber hinaus die Besonderheiten der Rasse zu schätzen gelernt. Natürlich war jeder der vier Hunde ein wenig anders, brachte eine andere Motivation und einen unterschiedlich stark ausgeprägten Will to Please mit – gerade das hat mir aber gefallen. Es macht Spaß, zu beobachten und die passende Beschäftigung für den Hund herauszufinden – nicht die Turnierambitionen voranzustellen, sondern sich Zeit zu lassen. So habe ich nicht nur ins Agility und den Turnierhundesport hineingeschnuppert, sondern auch Obedience und die Ziel-Objekt-Suche kennengelernt. Mit Zion bin ich beim Obedience geblieben. Er hat unbändige Freude am Arbeiten und besitzt einen unglaublichen Ehrgeiz, alles perfekt zu machen. Das überrascht und begeistert mich immer wieder.
Was war euer schönstes gemeinsames Erlebnis?
Dirk: Zion und ich sind uns in vielen Dingen ähnlich: wir handeln beispielsweise beide oft ein wenig unüberlegt und eher aus dem Bauch heraus. Das hat schon zu vielen bemerkenswerten gemeinsamen Erlebnissen geführt – auch wenn mancher am Ende behaupten würde: »War doof, merkste selbst?« Was mir von vielen tollen Erlebnissen aber besonders in Erinnerung geblieben ist, war sein erstes Bad im Meer – 2014 in Kroatien, Zion war gerade eineinhalb Jahre alt. Bis dahin hatte er es nämlich grundsätzlich vorgezogen, am sicheren Ufer zu bleiben, während sich Nell und Ida mit Begeisterung in die Fluten stürzten. Weil er am Strand dann aber plötzlich ganz alleine war – alle Menschen und Hunde irgendwo zwischen den wogenden Wellen –, hat er sich schließlich doch getraut. Gemeinsam sind wir ganz weit rausgeschwommen. Und seitdem liebt er es zu schwimmen.
Hand aufs Herz: womit geht dein Hund dir am meisten auf den Keks?
Dirk: Von klein auf ist Zion von den beiden Hündinnen vorgeschickt worden, um gewisse Unannehmlichkeiten zu regeln. Das hat ihn bei Spaziergängen mit Hundebegegnungen oft unerträglich gemacht – alles und jeder musste auf Abstand gehalten werden. Die Rolle als Rudelpolizist hat allerdings auch noch einen zweiten, nicht weniger nervigen Nebeneffekt: seine Leine kann nie lang genug sein – als Ritter des Rechts muss er schließlich immer ganz vorne, vor allen anderen laufen.
Was braucht (d)ein Border Collie, um glücklich zu sein?
Dirk: Zuallererst seinen Papa. In Momenten, in denen er mich ganz für sich alleine hat – auf dem Hundeplatz oder auf Ausstellungen – ist er immer am glücklichsten. Zion gehört aber ganz ohne Zweifel auch zu den Hunden, die eine Beschäftigung brauchen, um glücklich zu sein. In manchen Momenten habe ich deshalb schon überlegt, ob er in einem anderen Leben – einem, in dem er sein natürliches Potenzial beweisen und Schafe hüten darf – nicht glücklicher wäre. Am Ende wäre aber ich sehr unglücklich ohne ihn. Also achten wir darauf, ihm andere Beschäftigung zu bieten – und uns gegenseitig glücklich zu machen.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Dirk: Dass Zion noch möglichst lange seine Hälfte des Bettes für sich beanspruchen darf. Dass er sich die guten Eigenschaften, die ihn so liebenswert machen, beibehält. Und dass alle jene, die ihn bisweilen ein bisschen anstrengend machen, mit dem Alter – und der Weisheit – ganz verschwinden.
Vielleicht hat der eine oder andere den – gut gemeinten – Wink mit dem Zaunpfahl schon verstanden: im nächsten Monat darf gerne wieder eine andere unserer Nachzuchten ran. Wenn du im nächsten Monat gerne dabei sein möchtest, schreib doch am besten gleich eine Mail an info@broadmeadows.de oder ruf uns an, damit wir einen Hausbesuch planen können. Was wir an diesem Tag gemeinsam erleben – ob ich euch auf einen Spaziergang, zum Training oder auch zum Stadtbummel begleite – bleibt dir überlassen. Und nein: es kostet dich gar nichts. Bloß ein bisschen deiner Zeit.
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