Am 14. März sind unsere Border Collie Welpen geboren: alles über die Geburt, die Welpen und das Glück, das dem Züchter manchmal Tränen in die Augen treibt.
Do you come from a land down under?
Men at Work (1981)
Es ist viertel vor elf, als bei Heidi die Wehen einsetzen. Der Gedanke, den Schlaf nachzuholen, den mir die Hündin in der vorangegangenen Nacht durch ihre Unruhe geraubt hatte, hat sich damit erledigt. Stattdessen stehle ich mich leise die Treppen hinunter, wispere Dirk ein müdes »Es geht los!« zu, und sitze im nächsten Moment schon wieder neben der Wurfkiste, in der Heidi aus Leibeskräften die Laken umgräbt.
Bis es tatsächlich losgeht und sich der erste Welpe seinen Weg durch den Geburtskanal gebahnt hat, sollen aber noch fast eineinhalb Stunden vergehen. Anfänglich sind die Wehen zu schwach – es braucht eine gute Stunde, bis sie stark und gleichmäßig über den Rücken der Hündin laufen –, und als sich die erste Fruchtblase schließlich ans Licht schiebt, kostet es die Hündin allergrößte Kraft, den Welpen ganz herauszupressen. Gemeinsam befreien wir den erstgeborenen Welpen aus den Fruchthüllen – während Heidi das Wurflager säubert und die Nachgeburt entsorgt, nabele ich den neugeborenen Welpen ab und reinige mit dem kleinen Finger vorsichtig die Schnauze –, und gleichzeitig fällt die größte Anspannung von mir ab.
Obschon es nicht der erste Wurf ist, den ich als Züchter begleite, und obschon ich bei fast all unseren vorangegangenen Würfen das Glück hatte, eine komplikationslose, leichte Geburt miterleben zu dürfen, bleibt bis zur Geburt des ersten Welpen immer die Angst, dass etwas schief gehen könnte. Demzufolge könnte ich die Tränen, die mir beim Anblick des erstgeborenen Welpen – einer Hündin – in die Augen geschossen sind, auch gut auf das Gefühl von Erleichterung schieben. Möglicherweise hat auch das seinen Anteil daran, entscheidender ist aber tatsächlich das Aussehen dieses ersten Welpen: die breite, durchgehende Blesse, der undurchbrochene weiße Kragen, der schwarze Schönheitsfleck neben der Nase – all das kenne ich von irgendwo her.
»Die Schnecki ist wieder da«, heule ich also – halb hysterisch – in meine Hände hin, während Dirk den Arm um mich legt und ich leise beginne, an meinem Verstand zu zweifeln. »Das Soll hast du damit erfüllt«, sage ich schließlich zu Heidi und drücke ihr einen Kuss auf die Schnauze, »alles, was jetzt noch kommt, kann nur noch eine Zugabe sein«. Um mir die Auswahl ein wenig schwerer zu machen, folgen in der nächsten Stunde noch zwei weitere Hündinnen.
Beim vierten Welpen schließlich stockt die Geburt. Mit den Hinterläufen voran, die eigene Wirbelsäule der des Muttertieres zugewandt, schiebt er sich nur langsam heraus. Das Amnion ist eingerissen und bis zu den Schultern des Welpen hochgeschoben. Weil die Wehen allein kaum ausreichen, um den Welpen aus seiner misslichen Lage zu befreien, helfe ich selbst nach und schiebe ganz vorsichtig einen Finger an seinen Schultern vorbei. So gelingt es endlich, ihn ganz herausrutschen zu lassen. Schnell ist er von der verbliebenen Fruchthülle befreit, die lange Zeit im Geburtskanal hat ihn aber längst grau werden lassen. »Tot«, denke ich kurz, setze dann aber in Gedanken gleich noch hinzu, dass ich das nicht gelten lasse. Nachdem ich die Atemwege mit dem Mund von Fruchtwasser befreit habe, nehme ich den Welpen also, eile ins benachbarte Bad und lasse kaltes Wasser über seine Hinterläufe laufen. Er zuckt. Einmal, zweimal. Dann eile ich zurück, nehme mir ein raues Handtuch, und reibe den Welpen ab. Heidi unterstützt mich mit ihrer Zunge dabei. Die Atemgeräusche des Welpen nehmen ab, immer gleichmäßiger hebt und senkt sich der kleine Brustkorb. Nach einigen Minuten dreht er sich schließlich selbständig um und kriecht zielstrebig auf die Zitzen der Mutterhündin zu. Glück gehabt!
In den folgenden Stunden werden noch zwei weitere Welpen geboren. Ein zweiter Rüde und eine vierte Hündin. Während der Hündin unter der Geburt immer eine gleichbleibende Anspannung anzumerken ist, die Aufschluss darüber geben kann, dass der Geburtsvorgang noch nicht vollständig beendet ist, widmet sie sich schließlich ganz ihren Welpen. Das laute Hecheln wird leiser, ihre Mimik entspannt sich. »Das hast du toll gemacht«, lasse ich Heidi wissen, die glücklich ihre Welpen putzt. Auch ich genieße das Glück. Wenngleich nicht ganz.
Sechs Welpen hat Heidi das Leben geschenkt. Sechs Welpen aus einer künstlichen Besamung, die im Schnitt deutlich kleinere Würfe hervorbringt, wohlgemerkt. Im Grunde genommen dürfte das Glück des Züchters also grenzenlos sein. Dagegen spricht aber der Umstand, dass sechs Welpen kaum genügen, um alle Träume zu erfüllen, die mit diesem Wurf verknüpft waren – dass ich manchen, der auf einen Welpen aus diesem Wurf gehofft hat, in den kommenden Wochen enttäuschen muss. Das fällt mir nicht leicht – und den Gedanken daran möchte ich gerne noch ein wenig von mir fortschieben. Es wird sich zeigen, welcher Welpe wo sein Zuhause finden wird. Und auch, welcher Welpe bei uns bleiben darf.
Wer das Tippspiel gewonnen hat, lässt sich leider nicht eindeutig beantworten, da es über die beiden Social Media Kanäle zwei richtige Tipps gab, von denen ich nicht sagen kann, welcher zuerst abgegeben worden ist. Deshalb dürfen sich gleich zwei Teilnehmer freuen: Monika Wacker und Steffi Bartuszewski. Die Umsetzung der beiden Gewinnerbilder nehme ich in den kommenden Wochen in Angriff. Vorausgesetzt natürlich, dass mir die Welpen die Zeit dazu lassen!
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