Die achte Woche der Trächtigkeit: über letzte Vorbereitungen und magisches Denken – und einen Tipp, der nicht bloß den Züchter brennend interessiert.
One dream, one soul, one price, one goal,
one golden glance of what should be.
A Kind of Magic, Queen (1986)
Die erste Zahl, die einem beim Betreten eines Zimmers ins Auge fällt. Die Anzahl der Schritte, die man vom Treppenabsatz bis zur Tür machen kann, bevor man mit dem Kopf dagegen knallt. Das erste Zeichen von Aufmerksamkeit, das die Hündin zeigt, wenn man in ihrer Gegenwart langsam von eins bis zehn zählt.
In den letzten Tagen vor der Geburt steigt auf Seiten des Züchters nicht nur die Anspannung, sondern auch die Neugier. Während sich der Anspannung gut mit Beschäftigung entgegenwirken lässt und man sich damit abzulenken weiß, Türgitter zu montieren, Geburtsutensilien zu desinfizieren oder Laken auszukochen, bleibt die Neugier ziemlich unbefriedigt zurück. Vorausgesetzt, man hat entschieden, dem Wohlbefinden der Hündin den Vorrang zu geben und auf ein Röntgenbild zu verzichten. Stattdessen versucht man also Vergleiche zu früheren Würfen zu ziehen, zieht das Gewicht und den Bauchumfang dieser oder jener Trächtigkeit zu Rate, kann zuletzt aber nur den einen Schluss ziehen, dass das alles nichts bringt: zu ähnlich sind sich die Zahlen, zu unterschiedlich die Ergebnisse. Ob vielleicht der Zufall eine Antwort darauf weiß? Oder die Hündin selbst? Die müsste es doch eigentlich wissen?
78 Zentimeter im Türrahmen
»Bei Edda und Ellie habe ich am Bauch in der achten Trächtigkeitswoche jeweils 70 und 71 Zentimeter gemessen, bei Nells letzter Trächtigkeit waren es zur gleichen Zeit sogar 77 Zentimeter«, sage ich zu Dirk, der sich im Nebenzimmer gerade damit befasst, das störrische Türgitter in den Rahmen zu zwingen. Kurz schaue ich von den zerfledderten Aufzeichnungen auf, die vor mir auf dem Schreibtisch liegen, blättere dann noch ein paar Seiten zurück – bloß um festzustellen, dass der Bauchumfang von Nell in der achten Woche ihrer zweiten Trächtigkeit genau identisch mit dem der dritten ist. »Vier Welpen, fünf Welpen, sechs Welpen, sieben Welpen«, seufze ich, und setze nach einer Gedankenpause hinzu, dass sich davon rein gar nichts ableiten lässt. »So ein Mist«, sagt Dirk, meint aber das Türgitter. »Wieviel hast du bei Heidi zuletzt gemessen?«, fragt er schließlich. »78 Zentimeter«, antworte ich, »genau drei mehr, als bei ihrer ersten Trächtigkeit«.
Die achte Trächtigkeitswoche
Heidi liegt derweil lang ausgestreckt in der Mitte des Raumes, der nackte Bauch und die Hinterläufe werden von dem Sonnenlicht gestreift, das grell durch das gegenüberliegende Fenster fällt. Die hinter uns liegende, achte Trächtigkeitswoche haben wir mit der zweiten Herpesimpfung begonnen, auch die Kontrolle der Körpertemperatur der Hündin gehört seit der Wochenmitte fest zum Programm. Bei der täglichen Reinigung fällt nicht bloß das bereits gut ausgeprägte Gesäuge der Hündin auf – die Milchbildung sollte immer spätestens eine Woche vor der Geburt der Welpen eingesetzt haben –, auch der Umstand, dass es ihr zunehmend schwerfällt, sich selbständig sauber zu halten, fällt sofort ins Auge. Mehrmals täglich wird der Schambereich nun also mit warmem Wasser gereinigt, und – weil sich nicht nur das getrocknete Sekret, das von allen trächtigen Hündinnen mehr oder minder stark abgesondert wird, sondern auch die besonders eiweißreiche Ernährung im Fell niederschlagen – gerne auch einmal die Handbrause genutzt, um kleinere Malheure zu beseitigen.
Als ich meine Aufzeichnungen zurück in die Schreibtischschublade geschoben habe, ist Heidi verschwunden. Ich finde sie schließlich auf den bunten Fliesen im Flur. Die Kühle scheint ihr gut zu tun. Seufzend hocke ich mich vor sie hin, streichle ihr zart über den Kopf, und beginne leise zu zählen. Als ich bei acht angekommen bin, schaut die Hündin plötzlich auf. »Schön wär’s«, sage ich, »schauen wir mal, ob du recht behältst«.
Ich weiß, dass ich nichts weiß – aber vielleicht wisst ihr ja mehr? Bis zur Geburt habt ihr Zeit, einen Tipp abzugeben, wie viele Welpen wir erwarten. Folgt uns dazu über Facebook oder Instagram und lasst einen Kommentar da: wer zuerst den richtigen Tipp abgibt und die genaue Anzahl an Rüden und Hündinnen errät, gewinnt seinen ganz eigenen Welpen – in Acryl.
© Johannes Willwacher