Wenn es heißt, dass man immer den Hund bekommt, den man braucht – darf Gleiches auch für den Menschen gelten? Ein Besuch bei Crazy und Marie – die sich gesucht und gefunden haben.
Oh, ich will jetzt gleich König sein!
Der König der Löwen (1994)
In beinahe jedem Wurf gibt es einen Welpen, der dem Züchter kaum von der Seite weicht. Sobald sich mit zehn Tagen die Augen geöffnet haben und die Welpen selbst schauen und stehen können, ist er immer dort zu finden, wo der Züchter ist – schmiegt sich dicht an dessen warmen Körper, rollt sich wohlig in seinem Schoß zusammen. In Nells zweitem Wurf ist Crazy (Broadmeadows Crazy in Love) fraglos dieser Welpe gewesen. Vielleicht, weil sie es schon damals ganz besonders genossen hat, im Mittelpunkt zu stehen. Geändert hat sich daran bis heute nichts – auch wenn sie die Aufmerksamkeit von Marie, ihrer Besitzerin, mit Brice, einer neunjährigen Border Collie Hündin, teilen muss. Gemeinsam leben die drei in Friedrichsdorf, unweit von Frankfurt – von den ausgedehnten Feldern, die gleich hinter dem Gartenzaun beginnen, kann man die Türme der Skyline im Dunst schimmern sehen. Bei einem langen Spaziergang unterhalten wir uns über Berufstätigkeit und Bürohunde, über das Leben auf dem Bauernhof und das Leben in der Stadt – und immer wieder über die Besonderheiten der beiden Border Collie Hündinnen. »Als Hund, der Aufmerksamkeit will«, denke ich dabei im Stillen in mich hinein, »hat es Crazy mehr als nur gut getroffen«. Für so einen Hund muss nämlich auch der Mensch engagiert und aufmerksam sein.
Das Leben mit Hund besteht nicht nur aus freier Zeit. Wie sieht euer gemeinsamer Alltag aus?
Marie: Meine Hunde reagieren morgens sehr unterschiedlich, wenn der Wecker klingelt. Während Crazy gleich auf den Beinen ist und so schnell wie möglich raus möchte, hätte Brice zumeist nichts dagegen, noch ein wenig länger zu schlafen. Deshalb verdrückt sie sich nach dem Aufstehen oft noch einmal ins Wohnzimmer und überlässt das Feld ihrer vierbeinigen Mitbewohnerin, die mich auf Schritt und Tritt verfolgt: egal ob ich mir einen Kaffee hole oder ins Bad gehe, um die Dusche aufzudrehen – Crazy sitzt daneben und wartet, bis ich fertig bin. Fertig heißt: die Gartentür geht auf. Draußen spielt sie dann erst einmal eine Runde mit ihrem »Crazy Egg«. Das liebt sie und könnte sich ewig damit beschäftigen – ist aber nicht drin, weil Frau ja irgendwann auch einmal arbeiten gehen muss. Deshalb: Gartentür zu, Hund rein, und »Auf Wiedersehen!«. Zumindest an den Tagen, an denen ich ins Büro fahre. Da ich selbständig bin, kann ich mir das flexibel einteilen. An Bürotagen kümmert sich meine Freundin Elke, die mit ihren beiden Hunden im gleichen Haus lebt, tagsüber um Brice und Crazy. An manchen Tagen darf mich aber auch eine der beiden mit der Bahn nach Frankfurt begleiten. Besonders Crazy gefällt das, weil sie gerne im Mittelpunkt steht, und sich an jedem Schreibtisch eine Hand findet, die sie streicheln kann. Unser Abendprogramm ist genauso vielfältig, wie unsere Wochenenden: gerne verbringen wir Zeit auf dem Bauernhof meiner Eltern, besuchen die Ponys, die dort auf der Weide stehen, reiten aus oder gehen mit Freunden spazieren, sind beim Mantrailing oder im Training.
Inwiefern hat sich dein/euer Leben durch einen Hund verändert?
Marie: Ich würde sagen, es hat sich um 180 Grad gedreht. Wir hatten immer Hunde in der Familie. Mit denen war ich zwar auch viel unterwegs, einen Hundeplatz habe ich aber erst mit dem ersten eigenen Hund besucht. Nach dem Welpenkurs, der Junghundeerziehung und dem ersten Begleithundetraining bin ich schließlich dazu gekommen, selbst Trainingsstunden zu geben. Ich habe die Trainerausbildung für die Basisgruppe gemacht und im Verein später die Welpen- und Junghundeerziehung übernommen. Parallel zur Vereinstätigkeit habe ich außerdem das Mantrailing für mich entdeckt, und 2015 auch hier eine Trainerausbildung begonnen. Seither ist das mein Nebenjob, durch den ich nicht nur viele tolle Menschen kennengelernt, sondern sich auch schöne Freundschaften entwickelt haben.
Jemals bereut, dich für einen Border Collie entschieden zu haben?
Marie: Ein klares Nein. Ich kann zwar nicht mit Gewissheit sagen, dass es für mich immer nur Border Collies geben wird – dazu gibt es ganz einfach zu viele tolle Hunderassen –, aber bereut habe ich es nie. Ganz gleich, was mir gerade im Kopf herumschwirrt, meine Hunde sind immer mit Begeisterung dabei. Auch, wenn es mal nur ums Nichtstun geht. Was kann es Schöneres geben?
Was war euer schönstes gemeinsames Erlebnis?
Marie: Mit Brice war es wohl der Lebendfund eines Hundes, der seit über einer Woche verschwunden war – mit zehn Metern Schleppleine hinten dran. Über unsere Tiersuchstaffel wurden wir alarmiert, fanden sie nach Stunden und konnten die Hündin wohlbehalten an ihren Besitzer übergeben. Bei Crazy war es eine Trainingssituation. Im Mantrailing hatten wir schon mehrere Trainingsmonate hinter uns gebracht, trotzdem hatte ich immer Angst, meiner »Kleinen« die Führung zu übergeben. Als ich es dann endlich tat, warf sie mir nur einen kurzen Blick zu – so als wollte sie sagen: »Na, endlich!« Und seither führt sie mich mit der größten Sicherheit durch jeden Trail und jede Prüfung. Gezweifelt habe ich an ihr nie wieder.
Hand aufs Herz: womit geht dein Hund dir am meisten auf den Keks?
Marie: Crazy braucht Aufmerksamkeit – daran besteht kein Zweifel. Ihr Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit lässt aber nicht nur mich regelmäßig fast verzweifeln, weil: ignorieren – geht nicht! Zur Not schiebt sie einfach den Kopf unter die Hand oder sich selbst auf den Schoß, und wartet, bis das jeweilige Gegenüber endlich nachgibt.
Was braucht (d)ein Border Collie, um glücklich zu sein?
Marie: Brice ist genügsamer und kann sich auch ganz alleine glücklich machen – Futter und einen Sandhaufen, in dem sich nach Herzenslust buddeln lässt, fände sie wohl ziemlich gut. Crazy ist anders und braucht einen Menschen, der sie glücklich macht – mit Streicheleinheiten und Spielen oder beim Sport. Hauptsache zusammen.
Wo siehst du euch in fünf Jahren?
Marie: Viel Zeit mit meinen Hunden – viel Spaß und viele tolle Erlebnisse.
Nach sieben Jahren hatte ich das Gefühl, dass alle großen und kleinen Geschichten erzählt sind und dass das »Foto des Monats« nach einer neuen Form verlangt. In Zukunft soll es deshalb jeden Monat stattdessen einen Einblick in das Leben einer unserer Nachzuchten geben – einen Hausbesuch, zu dem ich mich selbst mit der Kamera auf den Weg mache, und die Besitzer unserer Nachzuchten über ihre Erfahrungen, ihren Alltag und das Leben mit Hund berichten. Wenn du im nächsten Monat gerne dabei sein möchtest, schreibe einfach eine Mail an info@broadmeadows.de. Was wir an diesem Tag gemeinsam erleben – ob ich euch auf einen Spaziergang, zum Training oder auch zum Stadtbummel begleite – bleibt dir überlassen.
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