Die fünfte Trächtigkeitswoche: wie man mit einer trächtigen Border Collie Hündin den Abend verbringt und hinschaut, ohne hinzusehen.
Offenbarungen kommen, wenn sie bereit sind,
nicht wenn man sie fordert.
Mr. Wednesday in: American Gods
(Season 2, Episode 3)
»Bequem sieht das nicht aus«, denke ich und versuche den rechten Fuß unter der Hündin herauszuziehen, die am anderen Ende des Sofas verdreht zwischen Mensch und Lehne liegt. Ihre Hinterläufe schauen nach oben, der Bauch ebenso, die Vorderläufe und den Kopf hat sie auf der Brust meines Gegenübers abgelegt – und jedes Mal, wenn die streichelnde Hand des besagten Gegenübers von ihrer Brust ablässt, schnellt ihre Zunge auffordernd hervor, um sich weitere Streicheleinheiten zu erbitten. Den fehlenden Fuß unter ihrem Hinterteil bemerkt sie schnell und wirft mir einen fragenden Blick zu, den ich aber nur mit einem Schulterzucken beantworten kann. Kurz lasse ich beide Beine auf der Rückenlehne ruhen, bemerke nun aber selbst, dass auch das nicht bequem ist, drehe mich schließlich auf die Seite und winkle die Beine an. Die Hündin am anderen Ende des Sofas scheint darauf nur gewartet zu haben, denn kaum dass ich eines der Kissen gefaltet und mir in den Nacken geschoben habe, steht sie auf und schiebt sich mit einer – tatsächlich beinahe eleganten – Drehung vor mich, stöhnt und lässt sich fallen. Das ungeschriebene Hundegesetz, dass jeder große Löffel nach einem kleinen Löffel verlangt, hat wieder einmal Gültigkeit bewiesen.
Die fünfte Trächtigkeitswoche ließe sich demnach am besten als Besteckschublade beschreiben – denn an sieben von sieben Tagen hat Heidi vor allen Dingen bewiesen, wie anhänglich sie gerade ist. Ablenken lässt sie sich allein durch den Gang zum Kühlschrank und steht, sobald die Tür desselben geöffnet wird, mit klimpernden Augendeckeln daneben. Der Appetit, der durch das Einnisten der Embryonen zu Beginn der vierten Trächtigkeitswoche und die hormonellen Umstellungen, die der Körper der Hündin in der Folge durchlaufen hat, zwischenzeitlich verloren gegangen war, ist fraglos zurückgekehrt. Nein, das genügt nicht. Er ist noch viel größer geworden.
»Schauen wir jetzt noch eine Folge?«, fragt Dirk und wedelt mit der Fernbedienung. »Meinetwegen«, antworte ich, habe mich gedanklich aber längst schon wieder den Welpen zugewandt, die irgendwo unter der streichelnden Hand – vor meinem Bauch – in Heidis Bauch ruhen. Und genauso, wie Netflix & Chill bloß ein Vorwand ist, um sich bei irgendeiner Serie ganz anderen Dingen zuzuwenden, bleibt es auch an diesem Abend völlig egal, was gerade über den Bildschirm läuft.
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