Versicherungen auf der einen, die Yogamatte auf der anderen Seite – und zwischendrin zwei Border Collies und das ganz große Glück.
Cherish the love we have,
we should cherish the life we live.
Cherish, Kool & the Gang (1984)
Wenn mich in den vergangenen Jahren jemand nach den Vorzügen von Jill (Broadmeadows Edge of Glory) gefragt hat, habe ich gerne gesagt, dass ich mir kaum einen Hund vorstellen kann, der ausgeglichener ist. Als Züchter wäre es leicht, mir den Verdienst einer so vorteilhaften Wesensentwicklung selbst zuzuschreiben – zu behaupten, dass nicht nur die Mutterhündin, sondern auch die Prägung in den ersten Lebenswochen dazu beigetragen hat –, ich denke aber, dass es viel eher das Umfeld ist, in dem ein Welpe zum Hund wird, das ihn diese oder jene Richtung einschlagen lässt. Jill hätte es hier tatsächlich nicht besser treffen können: mit ihren Menschen lebt sie mitten in der Natur. Dort, wo es weder befestigte Wege, noch eine Straßenbeleuchtung, dafür aber zahllose Wildtiere gibt, die im Garten ein und aus gehen. »Wer gegen alle Wesen gütig gesinnt ist, hat keinerlei Feindschaft zu fürchten«, heißt es im Buddhismus. Und vielleicht fühlt sich ein Besuch bei Anke und Wilfried, zu denen neben Jill und den beiden Katzen seit acht Monaten auch Jills Tochter Lina gehört, deshalb auch ein wenig wie ein Yoga Retreat an: achtsam, entschleunigt und entspannt.
Das Leben mit Hund besteht nicht nur aus freier Zeit. Wie sieht euer gemeinsamer Alltag aus?
Anke: Der Tag fängt im Bett an – wo auch sonst? Aufzustehen, ohne sich vorher genüsslich den Bauch streicheln zu lassen, wäre undenkbar für Jill. Das Privileg, sich zwischen Decke und Kissen breit machen zu dürfen, hat sie sich schon als Welpe erschlichen, und verteidigt es mit vielsagenden Blicken auch Lina gegenüber: bestimmt, aber ohne grob zu werden – die Aufmerksamkeit gehört am Morgen voll und ganz ihr. Nachdem die ersten Streicheleinheiten verteilt sind, müssen die Zähne geputzt werden – mit einer Kaustange vertreibt sie sich die Zeit, bis Wilfried seinen Kaffee getrunken und sich für den ersten Spaziergang bereitgemacht hat. Unterwegs werden Freunde getroffen, wird gespielt – und mitunter auch ein Hase aufgescheucht, der versteckt im Feld gelegen hat. Nach dem Frühstück werden zumeist Haus- und Gartenarbeit erledigt – manchmal begleiten die beiden Hündinnen aber auch Wilfried ins Büro –, und bis zum Mittag tut jeder das, wonach ihm ist: ein Schläfchen drinnen, ein Besuch bei den Vögeln, Igeln und Eichhörnchen draußen, ein sehnsüchtiger Blick zum Wald durch die breite Fensterfront. Am Nachmittag wird die Sehnsucht dann gestillt: mit dem Dummy als Arbeitswerkzeug unternehmen wir gemeinsam vielfältige Wanderungen – über die Wiesen und Felder vor der Haustür, durch die benachbarten Wälder in der Eifel oder zur Talsperre, die, nur einen Steinwurf entfernt, im Sommer zum Baden einlädt. Das alles fast immer ohne Leine – weil Gehorsam schon von klein auf gelernt und verinnerlicht worden ist.
Inwiefern hat sich dein/euer Leben durch einen Hund verändert?
Anke: Tiere begleiten uns schon seit unserer Jugendzeit. Angefangen beim Pudel und Rauhaardackel, über den Jagdhund, Boxer und Schäferhund, bis hin zu der Golden Retriever Hündin, mit der wir vor mehr als zwanzig Jahren erste Erfahrungen in der Hundezucht sammeln durften, waren Hunde aus unserem Leben nie wegzudenken. Als wir vor gut zwölf Jahren unser neues Zuhause am Rande der Eifel bezogen, zogen kurz darauf – wie es der Zufall wollte – zwei ältere Border Collies bei uns ein, die aus schlechter Haltung stammten und durch den Tierschutz an uns vermittelt wurden. Unser gemeinsamer Weg mag zwar kurz gewesen sein, hat aber doch Spuren hinterlassen. Das Geben und Nehmen – das, was einen Border Collie so besonders macht – haben wir durch Bobby und Joy kennengelernt. Darauf kann und will man doch nicht mehr verzichten!
Jemals bereut, dich für einen Border Collie entschieden zu haben?
Anke: Nie! Die Vielseitigkeit und Lernbereitschaft des Border Collies – das, was die Rasse im Besonderen auszeichnet –, seine Sensibilität und Aufmerksamkeit, lässt einem kaum eine andere Wahl, als sich Hals über Kopf zu verlieben. Das dürfen wir gerade auch wieder bei Lina erleben.
Was war euer schönstes gemeinsames Erlebnis?
Anke: Das war fraglos die Geburt unseres ersten Wurfs – denn unter der Geburt hat sich deutlich gezeigt, wie groß das Vertrauen zwischen Mensch und Hund ist: man lässt dem anderen Raum, macht Zugeständnisse, geht aber trotzdem Hand in Hand. Acht Welpen hat Jill so in meine Hände geboren – und weil ich ihr den notwendigen Raum gegeben habe, instinktiv alles richtig gemacht. Kann es etwas Schöneres geben, als eine Hündin, die ihrer Mutterrolle gerecht wird? Die in ihr aufgeht und beweist, das Vertrauen der Anfang von allem ist?
Hand aufs Herz: womit geht dein Hund dir am meisten auf den Keks?
Anke: Hass ist zwar ein ziemlich starkes Wort – aber wenn es irgendetwas gibt, das Jill wirklich hasst, dann sind es wohl Fliegen. Dicke, laut brummende Fliegen, die sich an der Fensterfront im Esszimmer tummeln. Dass die Fliegen vertrieben werden müssen, ist für sie deshalb Ehrensache – und dementsprechend sehen auch die großen Fenster zum Garten hin aus: das Glas ist von unzähligen Nasenabdrücken übersäht. Eine Fliegenklatsche ist in unserem Haushalt also ziemlich überflüssig – als möglicher Konkurrent würde diese ohnehin binnen kürzester Zeit geklaut, zerkaut und zerstört.
Was braucht (d)ein Border Collie, um glücklich zu sein?
Anke: Jill liebt Suchspiele – egal ob im Haus oder im Wald –, und Apportieren ist ihre absolute Lieblingsaufgabe. Während sie sich allen Menschen gegenüber offen zeigt und wir bei ihr fast gänzlich abgemeldet sind, wenn unser Sohn mit Emmi – seiner kurzhaarigen Border Collie Hündin – zu Besuch kommt, ist Lina viel eher nur auf einen Menschen fokussiert: ohne Wilfried geht gar nichts – wenn er nicht da ist, liegt sie stundenlang am Tor und wartet auf ihn.
Wo siehst du euch in fünf Jahren?
Anke: Eine gute Zeit mit unseren Hunden. Zeit, um Gewohntes zu genießen und Neues zu entdecken. Zeit, um gemeinsam mit dem Wohnmobil unterwegs zu sein. Zeit, um noch einmal eine Geburt zu erleben, noch einmal Welpen aufziehen zu dürfen. Und Zeit für all die anderen Dinge, die uns das Leben noch in die Hände schenkt.
Neugierig auf mehr? Dann besucht gerne die Website von Jill und ihrem Rudel:
www.golden-renaissance.de
Nach sieben Jahren hatte ich das Gefühl, dass alle großen und kleinen Geschichten erzählt sind und dass das »Foto des Monats« nach einer neuen Form verlangt. In Zukunft soll es deshalb jeden Monat stattdessen einen Einblick in das Leben einer unserer Nachzuchten geben – einen Hausbesuch, zu dem ich mich selbst mit der Kamera auf den Weg mache, und die Besitzer unserer Nachzuchten über ihre Erfahrungen, ihren Alltag und das Leben mit Hund berichten. Wenn du im nächsten Monat gerne dabei sein möchtest, schreibe einfach eine Mail an info@broadmeadows.de. Was wir an diesem Tag gemeinsam erleben – ob ich euch auf einen Spaziergang, zum Training oder auch zum Stadtbummel begleite – bleibt dir überlassen.
Comments are closed.