Was haben zwei Border Collies mit Marken-Kühlschränken und einem Fuhrpark voller Traktoren gemeinsam? Die Familie, die sie auf Händen trägt! Zu Besuch bei den Glöckners.
You’ve got to give a little love, take a little love,
be prepared to forsake a little love –
and when the sun comes shining through,
we’ll know what to do.
Give a Little Love, Bay City Rollers (1975)
In der Behringstraße leben viele Hunde. Wer von der Ortsmitte kommt und dem geschwungenen Straßenverlauf bergan zum Wald folgt, wird nicht wenige davon hinter Mauern und Gartenzäunen bellen hören. Auch zwei Border Collies gehören dazu – zwei Rüden, die sich die lackschwarzen Nasen an den Erkerfenstern eines weiß getünchten Altbaus plattdrücken. »Ei da hogge ja die, die wo immer da hogge«, könnte es hier in Fischbach – einem der sechs Stadtteile von Kelkheim im hessischen Vordertaunus – heißen. Was Buddy (Broadmeadows Body and Soul) und Finn (Broadmeadows Freddie Mercury) wohl selbst dazu zu sagen hätten? Wahrscheinlich nicht wenig, wenn es nach Uta und Axel geht. Deren Alltag halten die beiden Hunde nämlich fest in ihren Händen. Oder besser: in ihren Pfoten.
Das Leben mit Hund besteht nicht nur aus freier Zeit. Wie sieht euer gemeinsamer Alltag aus?
Uta: Sobald sich im Bett jemand regt, kommt Finn aus seiner Box geschossen – einen Morgen, an dem nach dem Aufstehen nicht erst einmal Kopf an Kopf gekuschelt wird, gibt es bei uns nicht. Das setzt sich auch nach den ersten beiden wichtigen Gängen des Tages fort, bei denen zuerst das Beinchen gehoben und dann die Schnauze durch die Tür der Nachbarin gesteckt werden muss. Was sich im Napf von Shirin – der Nachbarshündin – befindet, muss von Finn in der Früh nämlich unbedingt inspiziert werden. Wenn der Erzfeind der beiden gegen halb sieben seine erste Runde dreht, wird es auch zum ersten Mal laut. Bellend stehen beide auf der Fensterbank, wenn er auf dem Weg zum Wald das Haus passiert – und ein beinahe noch lauteres Gebell wird intoniert, wenn er sich eine halbe Stunde später auf dem Rückweg befindet. Bellend und fiepend geht es weiter, bis sich schließlich jemand erbarmt, und die Leinen der beiden in die Hände nimmt. Die Morgenrunde unternehmen die beiden meistens getrennt – Finn mit mir, der Pfeife und der Klapperdose, und Buddy mit meinem Vater, der trotz seines hohen Alters noch gerne den ersten Gang mit dem Großen übernimmt. Beim zweiten sind die Beiden dann aber gemeinsam unterwegs. Alleine bleiben sie dabei aber nur selten, denn auf der Hundewiese herrscht ein stetes Kommen und Gehen. Wo so viele unterschiedliche Hunde zusammenkommen, könnte man davon ausgehen, dass es auch einmal zu Reibereien kommt. Aber weit gefehlt – hier spielt jeder mit jedem, hier wird dann mal so richtig aufgedreht. Noch mehr drehen die Beiden allerdings auf, wenn Axel abends nachhause kommt …
Axel: Deshalb werden wir auch nie einen dritten Hund bekommen. Ich hab’ ja nur zwei Arme.
Uta: Erziehung? Nein, danke! Die zwei wissen schon sehr genau, wer von uns beiden für den Spaß zuständig ist. (lacht) Das übliche Bild: drei Männer, die sich mit einem Zerrspielzeug quer über den Boden kugeln. Wahrscheinlich mögen sie deshalb auch die Wochenenden so gern …
Axel: Irgendwann will ich ja auch mal was von meinen Hunden haben …
Uta: An den Wochenenden wird aber nicht nur gespielt, es wird auch gearbeitet. Während ich mit Buddy schon vor Jahren mit dem Mantrailing begonnen habe, befindet sich Finn noch ganz am Anfang seiner Ausbildung. Aber er lernt schnell. Schnell kann der kleine Wirbelwind ohnehin am allerbesten.
Inwiefern hat sich dein/euer Leben durch einen Hund verändert?
Uta: Bevor Buddy vor sieben Jahren bei uns eingezogen ist, hatte es mit Billy bereits einen ersten Border Collie gegeben. der uns fast sechzehn Jahre begleitet hat. Charakterlich lassen sich die beiden zwar in keinster Weise vergleichen – beim Ersten hat ganz offensichtlich die gute Prägung durch den Züchter gefehlt –, für beide kann aber gelten, dass sie nach sinnvoller Beschäftigung verlangen, und ihr Mensch dadurch täglich herausgefordert wird. Durch die Fehler, die wir beim ersten Hund gemacht haben …
Axel: Der Billy ist eine Anzeige im »Hessenbauer« gewesen …
Uta: Durch solche und andere Fehler wollten wir beim zweiten Hund alles besser machen. Eine gute Zucht, eine gute Grundausbildung, eine Beschäftigung, die uns und dem Hund Spaß macht. So sind wir neben dem Trailen dann auch beim Ausstellen gelandet. Wenn ich mir unseren Bekanntenkreis heute so anschaue, dann haben die regelmäßigen Ausstellungsbesuche einen nicht gerade kleinen Anteil daran. Man kommt viel leichter mit anderen in Kontakt, wenn man die gleiche Leidenschaft hat.
Jemals bereut, dich für einen Border Collie entschieden zu haben?
Uta: Ich denke, die Tatsache, dass mit Finn bereits der dritte Border Collie bei uns lebt, dürfte die Frage ausreichend beantworten. Einmal Border Collie – immer Border Collie.
Was war euer schönstes gemeinsames Erlebnis?
Uta: Das schönste Erlebnis mit Buddy habe ich zufällig auch auf Video festgehalten. Lya, die Tochter unserer Untermieter, muss knapp ein Jahr alt gewesen sein, als Buddy entdeckt hat, dass man mit dem kleinen Menschenkind auch spielen kann. Anfangs hat er ihr ganz vorsichtig seinen Ball zugeschoben, ist nach und nach aber immer fordernder geworden – so sehr, dass die Kleine sich erschreckt und zu weinen begonnen hat. Zu sehen, wie sehr ihn das Weinen beeindruckt hat – all die Mühe, die Kleine mit Küssen zu beschwichtigen – hat alle Umstehenden gerührt. Und ja, mir hat’s auch ein paar Tränchen entlockt.
Axel: Ich hätt’ jetzt ja gedacht, der Champion wär’ euer schönstes Erlebnis gewesen …
Uta: Das ist völlig an mir vorbeigerauscht, das habe ich erst viel später begriffen. (lacht) Auch bei Finn hängt das schönste Erlebnis mit dem Spielen zusammen. Bevor er im letzten Sommer bei uns eingezogen ist, habe ich mir viele Gedanken gemacht, wie Buddy auf den Welpen reagieren würde. Wenn ein Hund so lange als Einzelhund gelebt hat und die Aufmerksamkeit seiner Menschen niemals teilen musste, ist es nicht selbstverständlich, dass er den vierbeinigen Neuankömmling mit offenen Armen begrüßt. Der Züchter der beiden hatte mir vorab gesagt, ich solle nichts erzwingen und ganz einfach zwei Wochen abwarten – dann würde der Große schon einsehen, dass der Kleine nicht nur auf Urlaub da ist und er sich wohl oder übel mit ihm auseinandersetzen muss. Finn hat sich in den zwei Wochen mächtig ins Zeug gelegt, um Buddy von sich zu überzeugen. Der aber ist stur geblieben. Nach zwei Wochen – auf den Tag genau – ist er aber weich geworden und hat mitgespielt. Ein schöner Moment!
Hand aufs Herz: womit geht dein Hund dir am meisten auf den Keks?
Uta: Buddy kommentiert alles, was sich auf der Straße abspielt – und ausgehend von seinem Lieblingsplatz auf der Fensterbank hat er die ganze Straße im Blick. Jedes Moped, das vorbeifährt, jeden Fußgänger, jeden fremden Hund. Finn kann das mittlerweile zwar fast genauso gut, wie Buddy, ist aber noch besser darin, seine Ungeduld kundzutun. »Ich will jetzt raus, ich will jetzt was machen!«, heißt es, sobald er ausgeschlafen hat. Warum gibt’s eigentlich keinen Knopf, um das Fiepen abzustellen?
Was braucht (d)ein Border Collie, um glücklich zu sein?
Uta: Menschen. Möglichst viele Menschen, die eine Hand zum Spielen oder zum Streicheln übrig haben. Am glücklichsten erlebe ich die beiden Hunde, wenn die Familie, Nachbarn oder gute Freunde zu Besuch sind. Dann steht beiden ein breites Grinsen ins Gesicht geschrieben.
Wo siehst du euch in fünf Jahren?
Uta: Ein Traum, den wir schon lange hegen, ist mit dem Camper durch England zu kreuzen. Einmal rauf und einmal runter, und beide Hunde mit dabei. Die sollen schließlich auch einmal sehen, wo ihre Wurzeln liegen.
Nach sieben Jahren hatte ich das Gefühl, dass alle großen und kleinen Geschichten erzählt sind und dass das »Foto des Monats« nach einer neuen Form verlangt. In Zukunft soll es deshalb jeden Monat stattdessen einen Einblick in das Leben einer unserer Nachzuchten geben – einen Hausbesuch, zu dem ich mich selbst mit der Kamera auf den Weg mache, und die Besitzer unserer Nachzuchten über ihre Erfahrungen, ihren Alltag und das Leben mit Hund berichten. Wenn du im nächsten Monat gerne dabei sein möchtest, schreibe einfach eine Mail an info@broadmeadows.de. Was wir an diesem Tag gemeinsam erleben – ob ich euch auf einen Spaziergang, zum Training oder auch zum Stadtbummel begleite – bleibt dir überlassen.
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