Border Collie Welpen in der siebten Lebenswoche
14|11|2019 – »Fire«, Broad­me­a­dows Girl on Fire

Ein ganz normaler Tag während der Welpenaufzucht – und warum er trotz aller Anstrengungen und Herausforderungen am Ende doch schön ist.

Klei­nig­kei­ten machen immer die gröss­te Mühe.
Oscar Wil­de

Das Geläch­ter der Schul­kin­der, die sich gegen halb acht an der nahen Hal­te­stel­le zu sam­meln begin­nen, und das Stamp­fen und Mah­len des Müll­wa­gens, der vor dem Gar­ten­tor die Ton­nen ent­leert, dröhnt in mei­nen Ohren. Die Wel­pen haben über ihrer ers­ten Mahl­zeit nur kurz auf­ge­schaut, dann aber unbe­ein­druckt wei­ter gefres­sen. Zwei ste­hen noch über dem blank geleck­ten Napf, der mit Nach­druck immer wei­ter über den nas­sen Beton gescho­ben wird, und las­sen das metal­li­sche Rund schep­pern – die übri­gen haben sich bereits ande­ren Din­gen zuge­wandt. Einer müht sich an dem nied­ri­gen Was­ser­napf ab, in dem der Nacht­frost das Was­ser in Eis ver­wan­delt hat, und lässt erst die Zun­ge und die Nase, dann schließ­lich bei­de Pfo­ten über die dün­ne, spie­geln­de Eis­schicht krat­zen. Ein ande­rer hat sich bereits auf die war­men Decken zurück­ge­zo­gen, die zwi­schen den Flü­gel­tü­ren des offe­nen Schup­pens aus­ge­brei­tet sind, und kaut zufrie­den auf einem Rin­den­span, den er von dem lan­gen, moo­si­gen Holz­scheit abge­zo­gen hat, das zwi­schen den bun­ten Spiel­zeu­gen, die ver­streut im Hof lie­gen, kaum noch aus­zu­ma­chen ist. Die letz­ten bei­den lau­fen auf­ge­regt vor dem Git­ter auf und ab, das den beto­nier­ten Hof vom Rasen trennt, und ste­cken sehn­süch­tig die Nasen durch die Stä­be. Ich set­ze erst den einen, dann den ande­ren dahin­ter ab, und schaue dabei zu, wie der ers­te schon nach weni­gen Schrit­ten zu krei­seln beginnt. Der zwei­te ver­schwin­det der­weil unter den nahen Büschen, dreht und wen­det sich aber noch lan­ge, bevor auch er sich end­lich hockt und der Druck zur Erlö­sung wird. Mir ist kalt.

Border Collie Welpen in der siebten Lebenswoche
14|11|2019 – »Geth­si«, Broad­me­a­dows Gethsemane

Mei­ne Hose ist nass. Auch durch die wat­tier­ten Ärmel der Jacke hat sich die Feuch­tig­keit gefres­sen. Ich blei­be den­noch auf dem Wald­bo­den lie­gen – bäuch­lings, das schwe­re Tele­ob­jek­tiv mit dem Ell­bo­gen abge­stützt –, und ver­su­che ruhig Luft zu holen, damit mein Atem nicht den Sucher beschlägt. Weni­ge Schrit­te ent­fernt müht sich Dirk damit ab, die Auf­merk­sam­keit eines Wel­pen ein­zu­fan­gen. Von den Pfif­fen und Rufen, die über ihm ertö­nen, zeigt sich jener aber kaum beein­druckt: immer wie­der lässt er die Schnau­ze im Laub ver­schwin­den und kaut genüss­lich auf einem Erd­klum­pen her­um. Ich spü­re wie die Näs­se immer wei­ter durch mei­ne Klei­dung kriecht, ver­la­ge­re das Gewicht und schar­re dabei mit den Schu­hen im Laub – die Ohren des Wel­pen flat­tern, er streckt den Hals und schaut auf. Ange­strengt stramp­le ich wei­ter mit den Bei­nen und las­se die Kame­ra kli­cken, wäh­rend die Blät­ter flie­gen. Dem Wel­pen wird aber auch das schnell zu lang­wei­lig – und schon im nächs­ten Augen­blick ist er auf und davon. »Noch mal«, rufe ich, und wäh­rend die Nach­mit­tags­son­ne durch die Baum­kro­nen schim­mert beginnt alles von vorn.

Border Collie Welpen in der siebten Lebenswoche
14|11|2019 – »Dig­ger«, Broad­me­a­dows Gold Digger

Ich bin müde. Seit vier­tel nach fünf bin ich auf den Bei­nen. Habe drei Mahl­zei­ten berei­tet, drei­mal das Wel­pen­zim­mer geputzt und jeden Wel­pen unzäh­li­ge Male von drin­nen nach drau­ßen getra­gen. Mei­ne Nase läuft, mein Rücken tut weh, mei­ne Augen bren­nen. Trotz­dem set­ze ich die Wel­pen gegen halb elf noch ein­mal an die fri­sche Luft und strei­fe die Gum­mi­hand­schu­he über, trotz­dem las­se ich das Putz­was­ser noch ein letz­tes Mal auf­schäu­men und den Schrub­ber über die schmut­zi­gen Flie­sen krei­sen. Nach­dem der Tag im Aus­guss ver­schwun­den, die Flie­sen getrock­net und fri­sche Decken aus­ge­legt wor­den sind, hole ich die Wel­pen wie­der her­ein – Wel­pen, die alles, aber noch lan­ge nicht müde sind –, und blei­be noch eine gute Stun­de zwi­schen den Sech­sen sit­zen, bis auch der letz­te von mir abge­las­sen und sich schläf­rig zusam­men­ge­rollt hat. Als gegen zwölf schließ­lich das Licht im Wel­pen­zim­mer erlischt, den­ke ich still bei mir, dass es schlicht­weg egal ist, ob man friert, man nass oder müde ist. »Wenn sechs Wel­pen am Abend in dei­nem Arm ein­schla­fen, war es trotz allem ein sehr guter Tag.«

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