Ein ganz normaler Tag während der Welpenaufzucht – und warum er trotz aller Anstrengungen und Herausforderungen am Ende doch schön ist.
Kleinigkeiten machen immer die grösste Mühe.
Oscar Wilde
Das Gelächter der Schulkinder, die sich gegen halb acht an der nahen Haltestelle zu sammeln beginnen, und das Stampfen und Mahlen des Müllwagens, der vor dem Gartentor die Tonnen entleert, dröhnt in meinen Ohren. Die Welpen haben über ihrer ersten Mahlzeit nur kurz aufgeschaut, dann aber unbeeindruckt weiter gefressen. Zwei stehen noch über dem blank geleckten Napf, der mit Nachdruck immer weiter über den nassen Beton geschoben wird, und lassen das metallische Rund scheppern – die übrigen haben sich bereits anderen Dingen zugewandt. Einer müht sich an dem niedrigen Wassernapf ab, in dem der Nachtfrost das Wasser in Eis verwandelt hat, und lässt erst die Zunge und die Nase, dann schließlich beide Pfoten über die dünne, spiegelnde Eisschicht kratzen. Ein anderer hat sich bereits auf die warmen Decken zurückgezogen, die zwischen den Flügeltüren des offenen Schuppens ausgebreitet sind, und kaut zufrieden auf einem Rindenspan, den er von dem langen, moosigen Holzscheit abgezogen hat, das zwischen den bunten Spielzeugen, die verstreut im Hof liegen, kaum noch auszumachen ist. Die letzten beiden laufen aufgeregt vor dem Gitter auf und ab, das den betonierten Hof vom Rasen trennt, und stecken sehnsüchtig die Nasen durch die Stäbe. Ich setze erst den einen, dann den anderen dahinter ab, und schaue dabei zu, wie der erste schon nach wenigen Schritten zu kreiseln beginnt. Der zweite verschwindet derweil unter den nahen Büschen, dreht und wendet sich aber noch lange, bevor auch er sich endlich hockt und der Druck zur Erlösung wird. Mir ist kalt.
Meine Hose ist nass. Auch durch die wattierten Ärmel der Jacke hat sich die Feuchtigkeit gefressen. Ich bleibe dennoch auf dem Waldboden liegen – bäuchlings, das schwere Teleobjektiv mit dem Ellbogen abgestützt –, und versuche ruhig Luft zu holen, damit mein Atem nicht den Sucher beschlägt. Wenige Schritte entfernt müht sich Dirk damit ab, die Aufmerksamkeit eines Welpen einzufangen. Von den Pfiffen und Rufen, die über ihm ertönen, zeigt sich jener aber kaum beeindruckt: immer wieder lässt er die Schnauze im Laub verschwinden und kaut genüsslich auf einem Erdklumpen herum. Ich spüre wie die Nässe immer weiter durch meine Kleidung kriecht, verlagere das Gewicht und scharre dabei mit den Schuhen im Laub – die Ohren des Welpen flattern, er streckt den Hals und schaut auf. Angestrengt strample ich weiter mit den Beinen und lasse die Kamera klicken, während die Blätter fliegen. Dem Welpen wird aber auch das schnell zu langweilig – und schon im nächsten Augenblick ist er auf und davon. »Noch mal«, rufe ich, und während die Nachmittagssonne durch die Baumkronen schimmert beginnt alles von vorn.
Ich bin müde. Seit viertel nach fünf bin ich auf den Beinen. Habe drei Mahlzeiten bereitet, dreimal das Welpenzimmer geputzt und jeden Welpen unzählige Male von drinnen nach draußen getragen. Meine Nase läuft, mein Rücken tut weh, meine Augen brennen. Trotzdem setze ich die Welpen gegen halb elf noch einmal an die frische Luft und streife die Gummihandschuhe über, trotzdem lasse ich das Putzwasser noch ein letztes Mal aufschäumen und den Schrubber über die schmutzigen Fliesen kreisen. Nachdem der Tag im Ausguss verschwunden, die Fliesen getrocknet und frische Decken ausgelegt worden sind, hole ich die Welpen wieder herein – Welpen, die alles, aber noch lange nicht müde sind –, und bleibe noch eine gute Stunde zwischen den Sechsen sitzen, bis auch der letzte von mir abgelassen und sich schläfrig zusammengerollt hat. Als gegen zwölf schließlich das Licht im Welpenzimmer erlischt, denke ich still bei mir, dass es schlichtweg egal ist, ob man friert, man nass oder müde ist. »Wenn sechs Welpen am Abend in deinem Arm einschlafen, war es trotz allem ein sehr guter Tag.«
Comments are closed.