Zwei Border Collies auf einer Kiste auf dem Dachboden
13|11|2019 – Nell und Zion – eines der sechs Geburtstagskinder

Unser A-Wurf feiert seinen siebten Geburtstag: über das Erinnern und Vergessen – und alles Gute, das dazwischen liegt.

Wer sich des Guten nicht erin­nert, hofft nicht.
Goe­the

»Natür­lich bist du da schon ein­mal gewe­sen«, sage ich zu Dirk und las­se die Augen rol­len, »ich kann mich noch gut dar­an erin­nern, dass die Wild­kir­sche geblüht hat, und du an einer Weg­ga­be­lung mit den Hun­den vor­aus­ge­lau­fen bist, wäh­rend ich die Kame­ra gezückt und dar­über die Zeit ver­ges­sen habe«. Das Fra­ge­zei­chen zwi­schen sei­nen Brau­en sieht das anders. »Nein, da war ich noch nie«, lau­tet des­halb auch die Ant­wort. »Es muss März, viel­leicht schon April gewe­sen sein«, ver­su­che ich ihn erneut auf die rich­ti­ge Fähr­te zu set­zen, »du hat­test eine graue Regen­ja­cke an und bist am Ende des Spa­zier­gangs am Hang aus­ge­rutscht«. Wie­der schüt­telt er den Kopf. »Ich erin­ne­re mich an nichts«, sagt er und wischt sich das Fra­ge­zei­chen mit dem Hand­rü­cken von der Stirn. Kurz bin ich ver­sucht, noch ein wenig tie­fer in der halb offe­nen Gedan­ken­kis­te zu kra­men, belas­se es aber schluss­end­lich dabei, schwer aus­zu­at­men und die Ach­seln zu zucken. »Genau das ist der Punkt!«

Ich bil­de mir ger­ne ein, dass es mich nur wenig Mühe kos­tet, die­se oder jene Erin­ne­rung aus der besag­ten Gedan­ken­kis­te zu zie­hen – dass alles, was ich gese­hen und erlebt habe, dort sorg­fäl­tig abge­legt ist und ich jeder­zeit ver­läss­lich dar­auf zugrei­fen kann. Das Abbild des Erleb­ten mag mit der Zeit zwar knitt­rig gewor­den und an den Rän­dern aus­ge­franst sein, es erlaubt mir aber auch noch nach Jah­ren jeder Ein­zel­heit nach­zu­spü­ren: Gesprä­chen, die bei­läu­fig geführt wor­den sind, Gege­ben­hei­ten, die sich sehen, hören oder rie­chen lie­ßen – oder ganz ein­fach dem Wet­ter. Man könn­te also sagen, dass ich kaum etwas ver­ges­se, mich immer an alles und mehr erin­nern kann. Viel­leicht hat es mich gera­de des­halb so hart getrof­fen, als mir heu­te mor­gen ein­fiel, dass ich euch – euren Geburts­tag – ver­ges­sen hatte.

Sie­ben Jah­re sind ver­gan­gen, seit der kal­ten Novem­ber­nacht, als ihr Sechs in mei­ne Hän­de gebo­ren wor­den seid. Sie­ben Jah­re, in denen ihr vie­les gese­hen, vie­les erlebt, und man­ches Mal wie­der mei­nen Weg gekreuzt habt. Wie viel hat sich in die­sen sie­ben Jah­ren ver­än­dert? Und wie viel davon fin­det bei euch sei­nen Grund? Viel­leicht hof­fe ich des­halb, dass irgend­wo ganz tief in eurer eige­nen Gedan­ken­kis­te dann und wann die Erin­ne­rung an euer ers­tes Zuhau­se, an die acht Wochen Lie­be und Für­sor­ge, an die aller­ers­ten Schrit­te auf­blitzt, die ihr in die­sem Leben machen durf­tet. Was gut war, das ver­gisst man näm­lich nie. Und gut, das ward – nein –, das seid ihr!

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