Über Welpen, Hoffnungen und Träume – und warum man als Züchter niemals alle erfüllen, niemals für jeden gut entscheiden kann.
»Mit Welpenanfragen ist das so eine Sache«, denke ich bei mir, als ich am frühen Sonntagmorgen auf den stilisierten Briefumschlag in der oberen, linken Ecke des Mailprogramms klicke und sich das Postfach nach und nach zu füllen beginnt, »hat man keine, ist das schlecht, und hat man zu viele, ist das auch nicht besser«. Zögerlich öffne ich also die erste Nachricht, überfliege die knapp zwanzig Zeilen, möchte die Mail aber schon nach der Vorstellung gar nicht mehr zu Ende lesen. Nicht etwa, weil mir das Geschriebene nicht gefällt – ganz im Gegenteil –, viel eher ist es so, dass ich zum gegebenen Zeitpunkt bereits weiß, dass meine Antwort nur noch enttäuschen kann: »Es tut mir sehr leid!«
Wer das Tun eines Züchters beschreiben will, wird sich zumeist wohl damit begnügen, sich auf die Zucht selbst zu beschränken. Zu sagen, dass ein Züchter ein Mensch ist, der einen oder mehrere Hunde besitzt, sich bestimmte Kenntnisse angeeignet hat, und der von Zeit zu Zeit junge Hunde verkauft. Damit läge er nicht falsch, hätte aber doch übersehen, dass ein junger Hund für den, der ihn in sein Leben lässt, noch viel mehr bedeutet. Er ist ein Wunsch, ein Traum, eine Hoffnung. Damit wächst nicht nur die Verantwortung, die der Züchter zeitlebens zu tragen hat, sondern fraglos auch der Druck, dem er sich schon während der ersten Wochen der Welpenaufzucht ausgesetzt fühlt: wo zu viele Anfragen auf zu wenige Welpen kommen, werden die Hoffnungen und Träume von vielen enttäuscht werden – wird der Züchter weit mehr Körbe, als Körbchen verteilen müssen.
Ich ziehe die Hände von der Tastatur zurück und starre mit leerem Blick auf das weiße Fenster, das den Bildschirm beinahe ganz ausfüllt. Für einen kurzen Moment möchte ich vom Schreibtisch aufstehen, mich umdrehen und das Zimmer verlassen, nicht mehr darüber nachdenken, dass ich in der kommenden Woche noch viele solcher Absagen verfassen, noch viele Träume platzen lassen muss. Dann gebe ich mich aber doch daran, die letzte Mail zu beantworten – schreibe, dass es bereits lange vor der Geburt weit mehr Anfragen gab, als Welpen geboren wurden, dass bis zu unserem nächsten Wurf wohl mindestens zwei Jahre ins Land gehen werden, und schließlich: »Es tut mir sehr leid!«
Mitleid und Bedauern sind aber nicht die einzigen Gefühle, die mit der vierten und fünften Woche der Welpenaufzucht verbunden sind – und ganz bestimmt nicht die entscheidenden: wo Hoffnungen und Träume in Erfüllung gehen, überwiegt immer die Freude. Und ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass ich in den letzten Wochen in viele freudige Gesichter geblickt, für jeden Welpen seinen Menschen, seine Familie, sein Zuhause gefunden habe. Sein Körbchen, wenn man so will.
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