Über Zugvögel und warme Sachen – und warum ein Wurf bei nasskalter Witterung dem Züchter weit mehr abverlangt, als bei schönem Wetter.
When the sun shines, we shine together,
told you I’ll be here forever.
Rihanna, Umbrella (2008)
Ich habe gerade die leichten Jacken und Sweater von der Garderobe geklaubt und mich angeschickt, die knarrende Treppe zum Dachboden hinaufzusteigen, als ich durch das halb offene Fenster die lauten Rufe von Kranichen höre, die in langen Ketten über den Himmel ziehen. »Auf den Flug der Zugvögel folgen bald schon die ersten kalten Tage«, höre ich in Gedanken meine Großmutter sagen, »und ehe man sich versieht, fällt auch schon der erste Schnee«. Abgestützt auf das Fensterbrett schaue ich den Vögeln noch eine ganze Weile hinterher und als der Schwarm schließlich aus meinem Blickfeld verschwunden ist, fühle ich mich gleichwohl bestätigt, dass der Zeitpunkt günstig ist, um die leichte Sommerkleidung vom Haken zu nehmen und auf den Boden zu tragen. Während die besagten Kleidungsstücke also nach und nach in den hohen Schränken verschwinden, die unter dem dunklen Gebälk aufgereiht sind, und gegen die warmen Jacken und Mäntel ausgetauscht werden, die seit dem Frühjahr schläfrig auf den Bügeln hingen, kündigt sich unter lautem Gepolter auch im Stockwerk darunter ein Umbruch an: die Wurfkiste, die unseren sechs Border Collie Welpen in den ersten vier Wochen ihres Lebens als Schlafstätte gedient hat, wird abgebrochen, und auch das Gitter zusammengeschoben, das die erwachende Neugier der Sechs zurückgehalten hat.
Schon am Morgen haben wir das neue Zuhause der Welpen hergerichtet und auch den großen Auslauf im Garten aufgebaut. Die nasskalte Witterung mag zwar nahelegen, der Gesundheit der Welpen den Vorrang zu geben und das Vergnügen an der frischen Luft auf nur wenige Stunden am Tag zu beschränken, unter gar keinen Umständen sollte aber ganz darauf verzichtet werden: die vielfältigen Reize, die unter freiem Himmel auf die Welpen einstürmen, sind nicht nur wesentlich für ihre spätere Entwicklung, sie sind auch durch nichts zu ersetzen, das ihnen drinnen angeboten werden kann. Was für den Züchter bedeutet, dass er mehr noch als bei Schönwetter-Würfen ein Auge auf seine Welpen haben und stets gewährleisten muss, dass kein Welpe friert oder sich verkühlt: ein Welpe braucht keine Mützen, Schals und Regenschirme – er braucht eine Hand, die ihn hält, schützt und wärmt.
© Johannes Willwacher