Über Hören, Sehen und ganz viel Gefühl: unsere Border Collie Welpen in der dritten Lebenswoche.
Es sind diese frühen Momente. Diese ersten wackligen Schritte. Dieser wolkenverhangene Blick, der einem grauen Winterhimmel gleicht. Es ist diese winzige, riesengroße Welt, die kaum mehr als einen Quadratmeter misst, in der alles wahr, aber nichts wirklich ist. Es ist dieses Gefühl, auch selbst alles noch einmal neu sehen, hören, entdecken zu dürfen. Und sich mit unendlichem Vertrauen an das Abenteuer heranzutasten, das sich Leben nennt.
Dass mein erster Gedanke am frühen Mittwochmorgen weit weniger poetisch ausfällt, ist unbestreitbar dem Umstand geschuldet, dass mich schrilles Geschrei aus dem Schlaf reißt. »Nicht schon wieder«, stoße ich mit geschlossenen Augen hinter den knirschenden Zähnen hervor, als schließlich noch eine zweite und dritte Stimme in das schneidende Gezeter einfallen. »Viertel nach vier«, weiß ich ohne einen Blick auf den Wecker, und auch warum man nebenan so ohrenbetäubend schreit, ahne ich bereits. Ich rapple mich also auf, schaue im Vorbeigehen abschätzig auf die geschlossene Schlafzimmertür, hinter der meine schlechtere Hälfte noch immer ganz unverhohlen schnarcht, und stolpere zwei Schritte weiter beinahe über die Hündin, die ausgestreckt im Gang vor dem Welpenzimmer liegt. »Wenn du schon meinst, deine Welpen zum Frühaufstehen erziehen zu müssen, dann bring ihnen bitte doch auch beizeiten bei, wie man leise spielt«, flüstere ich in das fleckige, schwarz-weiße Dunkel unter mir, und taste mich suchend weiter. Da ist der Lichtschalter. Die runde Deckenlampe flammt auf und das Zimmer wird hell.
Die Veränderungen, die sich in der Entwicklung von Hör- und Sehvermögen der Welpen in der dritten Lebenswoche begründen, sind deutlich spürbar: binnen weniger Tage wird aus einem immermüden Lebewesen, das von der Mutterhündin beharrlich umsorgt werden muss, ein frecher Welpe, der seine Umwelt selbständig wahrnehmen und erkunden kann. Das fällt nicht nur bei seinem Blick auf, der raschen Bewegungen langsam folgt, oder bei den Ohren, die bei jedem Geräusch merklich flattern, sondern auch im Zusammenspiel mit seinen Geschwistern, die nicht länger nur Wärme spenden und nun neugierig bedrängt, beleckt und beknabbert werden. Dass sich das mancher nur ungern gefallen lässt und es dann und wann laut in der Wurfkiste wird, ist auf zwei Umstände zurückzuführen. Zum einen muss das richtige Miteinander von den Welpen erst noch erlernt werden. Zum anderen beginnen mit der dritten Woche auch die Milchzähne der Welpen durchzubrechen, mit denen nicht nur die Geschwister gepiesackt werden, sondern beim Säugen auch der Mutterhündin zugesetzt wird. Kein Wunder also, dass die Letztgenannte sich immer öfter zurückzieht – und es bisweilen vorzieht, abseits der Wurfkiste im Gang zu liegen.
Es sind diese frühen Momente, wenn du alleine bei den Welpen sitzt. Wenn sich einer nach dem anderen vorsichtig annähert, sich deine Hände und deinen Schoß vertraut macht, und mit lustig wedelnder Rute bezeugt, was Mensch und Hund schon immer verbindet. Es sind diese frühen Momente, die Schuld daran haben, dass du als Züchter den höchsten Preis bezahlst. Denn für jeden Welpen, den du verkaufst – jeden einzelnen –, zahlst du den Preis mit deinem Herzen.
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