Sechs Welpen hat Heidi am 1. Oktober das Leben geschenkt – eine leichte, unkomplizierte Geburt, die trotz allem doch aufregend gewesen ist. Am meisten wohl für mich.
»Ich sollte mich noch einmal hinlegen«, sage ich zu Dirk, der Zion gerade das Geschirr über den Kopf gezogen hat, »die Nacht wird lang werden«. Dirk nickt, nimmt die Leinen vom Haken, zieht den Reißverschluss der Regenjacke zu und sich die Kapuze tiefer ins Gesicht. Dass Heidi es noch bis zum errechneten Geburtstermin am kommenden Donnerstag aushalten wird, scheint auch ihm unwahrscheinlich. »Wir werden die Nacht wohl mit Hecheln und Warten verbringen«, sagt er und leint Nell und Zion an. Während die drei im Regen verschwinden, bleibe ich alleine zurück. Es ist kurz nach fünf.
Als ich kaum fünf Minuten später ins Schlafzimmer komme, liegt Heidi in ihrer Box, den Kopf nach hinten abgewandt. Weil die Hündin auf meine Ansprache nicht reagiert, lasse ich mich neben dem Bett auf die Knie sinken – weiter komme ich gar nicht, denn kaum habe ich mich ein Stück näher an die Box heran bewegt, höre ich es aus dem Inneren stöhnen. Ich greife mit der Hand über die Hündin hinweg, sehe die ersten Wehen in Wellen über ihren Rücken laufen, dann ertaste ich hinter ihr etwas Feuchtes. Fruchtwasser. »Auf jetzt, los«, sage ich noch einmal zu Heidi, die zwar seufzt und stöhnt, sich aber schließlich doch bequemt, mir ins Nebenzimmer zu folgen. Es ist zwanzig nach fünf.
Die Wehen sind stark und gleichmäßig, die Scham der Hündin bald schon so weit gedehnt, dass sich zwischen den langen Fellsträhnen die erste Fruchtblase erkennen lässt. Ich rede beruhigend auf die Hündin ein, versuche die Wehen mit streichelnden Händen zu verstärken – nachdem sich die Hündin einmal umgewendet und erschrocken in die Höhe gestemmt hat, hängt der erste Welpe in Steißlage aus ihr heraus, nur noch Reste der Fruchtblase um die winzigen Pfoten. »Du musst pressen«, weise ich die Hündin mit zitternder Stimme an, »nur noch einmal pressen, dabei kann ich dir nicht helfen«. Weil die erhoffte Wehe aber ausbleibt und der Kopf des Welpen noch immer tief im Geburtskanal der Hündin steckt, schiebe ich schließlich vorsichtig zwei Finger am Körper des Welpen vorbei und schaffe es so, ihn aus der misslichen Lage befreien. Schnell ist die erstgeborene Hündin von Blut und Schleim befreit und abgenabelt, schnell liegt sie laut schmatzend an der Zitze ihrer Mutter. Der zweite Welpe folgt kaum zehn Minuten später – und auch der dritte ist schon geboren, als Dirk gegen halb sieben vom Spaziergang zurückkehrt.
17.55 Uhr – No. 1 | 298 Gramm | Hündin
18.05 Uhr – No. 2 | 288 Gramm | Rüde
18.35 Uhr – No. 3 | 296 Gramm | Rüde
18.50 Uhr – No. 4 | 312 Gramm | Rüde
19.40 Uhr – No. 5 | 278 Gramm | Hündin
21.50 Uhr – No. 6 | 286 Gramm | Rüde
In weniger als zwei Stunden schenkt Heidi fünf Welpen das Leben. Der sechste Welpe lässt ein wenig länger auf sich warten und erblickt erst gegen 22 Uhr das Licht der Welt. Im Gegensatz zu seinen Geschwistern braucht es aber erst noch eine kalte Dusche und ein paar kräftige Schlucke Welpenmilch, um seine Lebensgeister zu wecken. Dann aber liegen alle Sechs zufrieden schmatzend beieinander – und nicht nur Heidi, sondern auch wir können unser Glück gar nicht fassen.
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