Die siebte Trächtigkeitswoche, vier Futternäpfe – und drei Border Collies, die die Welt nicht mehr verstehen: ein Blick in unsere Küche zur Mittagszeit.
Im Leben eines jeden Hundes gibt es Gesetzmäßigkeiten, auf die er sich verlässt. Das sieht auch bei unseren vier Hunden nicht anders aus. Zwei ausgedehnte Spaziergänge, auf denen geschnüffelt, gerannt und gespielt werden darf, gehören dabei im Tagesablauf genauso dazu, wie die Gewissheit, dass niemand schimpft, wenn es sich einer der Vier im Bett oder auf dem Sofa gemütlich macht, oder dass jedweder Besuch – vom freundlichen Postboten, der sich immer eine Leckerei abschwatzen lässt, über den Stromableser, der sich auch nach Jahren noch immer ängstlich hinter seinem Klemmbrett verschanzt, bis zu den züchtig zurechtgemachten Zeugen Jehovas, die zumeist vergeblich die Klinke putzen – einzig und allein wegen der Hunde kommt. Während über die vorgenannten Gesetzmäßigkeiten diskutiert werden und ein Spaziergang auch einmal früher, später oder gar nicht stattfinden kann, gibt es bei der täglichen Fütterung keinerlei Diskussionen: jedem Hund stehen jeden Tag zwei Mahlzeiten zu, die in Abhängigkeit von den Auslaufzeiten zeitnah gereicht werden müssen. Zwei – nicht eine oder drei –, Zwischenmahlzeiten, die aus der Hand gefüttert werden, nicht inbegriffen. Wen wundert es also, dass drei von vier Hunden die Welt nicht mehr verstehen, wenn allein für den Vierten plötzlich eine neue Gesetzmäßigkeit gilt?
Es ist halb eins, als ich einen der vier weißen Futternäpfe von den Dielen aufklaube und auf der Küchenanrichte vor mir abstelle, auf der ich zuvor schon die Zutaten für die Mittagsmahlzeit bereitgestellt habe, die Heidi im letzten Drittel der Trächtigkeit zusätzlich gereicht bekommt. Das laute Klimpern, mit dem der Löffel bei jeder Zutat, die ich mit sorgfältigem Rühren unterhebe, gegen das weiße Porzellan schlägt, bleibt den Hunden nicht lange verborgen – und so versammeln sich die Vier nach und nach in meinem Rücken und beäugen jede meiner Handbewegungen mit wachsender Neugier: auf das Welpenfutter folgen zwei Löffel Quark und ein Löffel Honig, auf das aufgeschlagene Ei und die klein geschnittene Banane eine Handvoll frischer Brombeeren. Als ich den Löffel schließlich am Rand der Schale abstreife, gibt es in meinem Rücken kein Halten mehr und jeder der vier Hunde stürmt in freudiger Erwartung an seinen angestammten Platz. Die Hoffnung, dass die eben zubereitete Mahlzeit im letzten Moment doch noch auf alle vier Näpfe aufgeteilt und nicht nur die trächtige Jüngste gefüttert wird, muss ich aber auch an diesem Tag zerstören – und stelle den Napf mit einem: »Ja, wenn ihr alle schwanger wärt«, vor die wartende Hündin hin.
Das ungläubige Bellen, mit dem Nell jeden Bissen begleitet, den Heidi hastig aus der Schale schlingt, klingt beinahe so, als ließe es sich in Worte übersetzen: »Aber, aber, aber …«, scheint die Hündin immer wieder zu rufen. Während sie dabei aber auf ihrem Platz neben dem Kühlschrank verharrt und das Bellen bloß mit einem abwechselnden Aufstampfen ihrer Pfoten zu bekräftigen versucht, hat Zion längst die Geduld verloren, sich von seinem Platz erhoben, mit den Vorderläufen an der Anrichte emporgezogen und angeschickt, die Zunge nach den Resten von Quark, Ei und Honig auszustrecken, die an dem dort liegen gebliebenen Löffel kleben. Allein Ida hockt noch vor ihrem Napf neben dem Küchentisch und tröpfelt leise vor sich hin. Als Heidi aber schließlich ihre Mahlzeit beendet hat, erhebt sich auch die Zweitälteste von ihrem Platz und schiebt sich zwischen Nell und Zion, um – der Gesetzmäßigkeit folgend – auch ihre Zunge noch einmal durch das längst sauber geputzte Porzellanrund wandern zu lassen.
Bezogen auf das Ausgangsgewicht bringt Heidi zum Ende der siebten Trächtigkeitswoche gut viereinhalb Kilo mehr auf die Waage – ihr Bauchumfang ist auf stolze 68 Zentimeter angewachsen. Was davon den Welpen und was dem guten Futter geschuldet ist? Wir werden es erfahren – in nicht ganz zwei Wochen. Bis dahin begnügen wir uns damit, die ungeborenen Welpen beim allabendlichen Schmusen und Streicheln unter unseren Händen zu spüren: eine Gesetzmäßigkeit, die nicht nur die Hündin genießt. Satt vor Glück!
Comments are closed.