Nur weil das Lehrbuch von Ausfluss, Fressunlust und Übelkeit spricht, muss sich eine – vielleicht – trächtige Hündin doch nicht danach verhalten. Zumindest dann nicht, wenn es dabei um Heidi geht.
Geduld ist bitter, aber sie trägt süße Früchte.
Jean-Jacques Rousseau
Es scheint fast so, als hätte sich das Leben die Decke über den Kopf gezogen, im Halbschlaf gemurmelt, dass es noch fünf Minuten braucht und das Gesicht zum Beweis noch einmal fest in die Kissen gedrückt: von dem Leben, das in einem Hundehaushalt gemeinhin herrscht – dem Drang, alles jetzt zu erleben, nichts für später aufzuheben –, ist derzeit kaum mehr als ein müdes Gähnen übrig.
Heidi hebt den Kopf, als ich das Schlafzimmer betrete, und obschon ihr Blick schwer und schläfrig wirkt, folgt sie mir mit demselben, während ich die schwerfällige Schublade der schwarzen Kommode aufziehe, in der in schönster Unordnung Socken und Strümpfe aufbewahrt werden, und nach kurzem Zögern schließlich ein Paar herausnehme. »Nur Socken«, scheint ihr Blick zu sagen – und weil eben jene weder zum Spielen, noch zum Essen taugen, hat sie den Blick schon wieder abgewendet und die Schnauze zwischen den Pfoten vergraben, als ich mich zu ihr auf das Bett setze. »Sie liegt«, sage ich mit einem Seufzen zu mir selbst, »sie liegt und schläft«. Dann streife ich mir schulterzuckend die Socken über die nackten Füße, stehe auf und gehe auf die Schlafzimmertür zu. Heidi bleibt liegen.
Vier Wochen sind seit dem ersten Deckakt vergangen – und während ich bei unseren übrigen Hündinnen spätestens zum Ende der dritten Woche erste Anzeichen für eine mögliche Trächtigkeit bemerken konnte, hält sich Heidi zu meinem Mißfallen bislang ausgesprochen bedeckt. Keine Übelkeit, kein Erbrechen – keine Mahlzeit, die sie ausgelassen hat. Zwar schläft sie viel und frisst sehr langsam, dass sie aber seit gut acht Tagen jeden Bissen zehnmal kaut – ihr Futter nicht mehr in Windeseile herunterschlingt –, möchte ich genauso wenig als verlässlichen Hinweis werten, wie die Zitzen, die deutlich angeschwollen und gerötet sind. »Sie liegt und schläft«, denke ich also, als ich die Treppe herunter gehe, und auch noch, als ich schließlich vor dem Küchentisch stehe und das Maßband aus der mittleren Schublade nehme.
Bauch und Taille der Hündin hatte ich gleich in der ersten Woche nach dem Deckakt zum ersten Mal gemessen und mir als Grundmaß neunundvierzig Zentimeter aufgeschrieben. Das Maß, das ich zum Ende der vierten Woche notiere – nachdem sich Heidi auf mein Rufen hin bequemt hat, das Bett zu verlassen und die fünfzehn Stufen zu mir hinunter zu trotten –, erstaunt mich dann aber doch: vier Zentimeter mehr. Könnte das ein Hinweis sein? Könnten sich hinter jenen vier zusätzlichen Zentimetern unsere nächsten Welpen verstecken?
Nach dem Ultraschalltermin in der kommenden Woche wissen wir mehr.
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