Das Ende der Geschichte ist der Anfang aller Geschichten: mit dem Auszug unseres letzten Welpen schließe ich das Wurftagebuch.
Every nowhere is somewhere.
David Mitchell, Cloud Atlas (2004)
Mit den Jahren verliert man den Überblick. Mit den Jahren fällt es immer schwerer, sich an all die Menschen zu erinnern, die man bereits in seinem Haus willkommen geheißen, denen man auf der Suche nach einem Welpen ein offenes Ohr und einen Kaffee angeboten hat. Diejenigen, die geblieben sind, hat man freilich in bester Erinnerung, und kann ohne groß nachzudenken auch nach Jahren noch Geschichten über die erste Begegnung erzählen. Aber wie vielen Welpeninteressenten schenkt man als Züchter seine Zeit und Aufmerksamkeit, um nach dem ersten Besuch nie wieder von ihnen zu hören? Manch einer ruft an, schreibt, dass der Zeitpunkt nicht richtig, das Gefühl bei einem anderen Züchter besser oder zu guter Letzt ein Border Collie doch nicht die richtige Rasse gewesen sei. Die meisten verschwinden aber genauso unvermittelt, wie ihre Anfrage im Posteingang lag: Gesichter, an die man sich kaum noch erinnert – ein Teil der Geschichte, der keine eigene Geschichte mehr hat.
Susanne und ihre damalige Lebensgefährtin waren vor sieben Jahren die ersten Welpeninteressenten, die wir bei uns begrüßen durften – und auch wenn die Entscheidung damals gegen einen Welpen aus unserer Zucht fiel, erklärt vielleicht der Umstand, dass sie die Ersten waren, warum ich mich auch heute noch lebhaft an diesen Tag erinnern kann. Man könnte nun meinen, dass die beiden – so wie viele andere – danach aus unserem Leben verschwunden wären. Vielleicht wären sie das auch, wenn die Zeit nicht ganz eigene Pläne verfolgt hätte – wenn die Zeit uns nicht insgeheim hätte bedeuten wollen, dass der richtige Welpe erst noch geboren werden, wir selbst noch manche Neugeburt durchleben, uns häuten, den Kokon abstreifen und die Flügel strecken mussten, um bereit zu sein. Es heißt, dass man sich selbst trifft, wenn man nur weit genug reist. Vielleicht trifft man auf dieser Reise aber auch auf ganz andere Dinge. Auf neue Möglichkeiten, neue Menschen, eine neue Liebe. Auf ein ganz neues Leben, vielleicht.
Deins, Fellow. Eures, Susanne. Und alles Glück der Welt.
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