Wieviele Tierarzt braucht ein Welpe? Und zu welchen Untersuchungen sollte sich ein Züchter verpflichtet fühlen? Über das eine und das andere – und die Frage, was man als Welpenkäufer in Kauf nimmt.
»Und was nimmst du so für einen Welpen?«, wollte ich von der Frau wissen, in deren zugiger Küche ich an einem Samstagmorgen am Küchentisch saß. Sie nippte an dem Instant-Cappucino, den sie gerade mit heißem Wasser aufgegossen hatte, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, und nannte mir schließlich den Kaufpreis, den sie für einen Border Collie Welpen verlangte. »Das ist aber nur für den Welpen«, fügte sie nach kurzem Überlegen hinzu, »wenn der Welpe geimpft oder gechippt werden soll, muss das natürlich extra bezahlt werden, sonst mache ich das vor der Abgabe nicht«. Ich nickte zustimmend, obwohl ich das nicht richtig fand, lächelte, und gab als Antwort zurück, dass das wohl jeder selbst wissen müsse. Den bitteren Unterton hatte mein Gegenüber offensichtlich nicht verstanden, denn während sie vom Küchentisch aufstand und auf die Tür zuging, die von der Küche in den Garten führte, ließ sie mich wissen, dass man bei ihr genau das bekomme, was man haben wolle. »Nur weil man einen Hund haben will, muss man den ganzen anderen Quatsch drumherum ja nicht auch noch wollen«, sagte sie und schob die Tür auf, »das kann sich ja auch bald niemand mehr leisten«. Ich folgte ihr in den Garten, ihre drei Hunde, die die ganze Zeit unter dem Küchentisch gelegen hatten, blieben zurück. Sie wandte sich nach links, wo ein rostiges Tor in einen mannshohen Maschendrahtzaun eingelassen war und wies mich an ihr zu folgen. Die ehemalige Scheune, die an das gedrungene zweistöckige Haus angebaut war, hatte man mit Wellblech verkleidet, das irgendwann einmal mit dicker roter Farbe angestrichen worden war – tiefe Risse zogen sich durch den Lack, der an vielen Stellen bereits abzublättern begonnen hatte. Mit einem metallischen Kratzen schleifte das Scheunentor über den Boden, als sie es vor mir aufzog. Im einfallenden Tageslicht ließ sich im Inneren ein mit Stroh gefüllter Bretterverschlag erkennen, über dem eine Rotlichtlampe angebracht war. Vor meinem geistigen Auge sah ich einen einsamen Welpen in dem dunklen Verschlag sitzen – einen, der weder geimpft, noch gechippt, niemals entwurmt oder einem Tierarzt vorgestellt worden war. »Das Stroh ist prima für die Welpen«, versicherte mir die Frau, die mir meine Verunsicherung angesehen haben musste, »außerdem lässt es sich da drinnen so viel besser sauber halten«. Ich nickte. »Im Herbst haben wir wieder Welpen«, sagte sie, »dann kommst du vorbei und schaust, ob einer für dich dabei ist«. Ich hatte schon genug gesehen.
Es sind nicht nur die Dinge, die du tust, die dich zu dem machen, was du bist – es sind zweifelsohne auch die Dinge, die du nicht tust. Daran muss ich denken, als ich unsere fünf Welpen heute morgen in die Transportbox setze, um mit ihnen zur Augenuntersuchung nach Pohlheim bei Gießen zu fahren. Daran, und an den Samstagmorgen vor mehr als fünfzehn Jahren – den mit Stroh gefüllten Verschlag in der Scheune und den Welpen, den ich zu kaufen ausgeschlagen hatte.
Es lässt sich nicht bestreiten, dass eine gute tierärztliche Versorgung teuer ist, und dass wahrscheinlich jeder Züchter irgendwann einmal überlegt, welche Kosten er noch zusätzlich zu tragen bereit ist – ob er es bei den vorgeschriebenen Untersuchungen im Welpenalter bewenden lässt oder ob er sich darüber hinaus bei seinen Nachzuchten auch noch zur finanziellen Beteiligung an der Röntgendiagnostik oder rassespezifischen Gentests verpflichtet. Während die vorgeschriebenen Untersuchungen für den gewissenhaften Züchter eine Selbstverständlichkeit sind – etwas, das ihn zwar Geld, aber keine Überwindung kosten sollte –, sind sie für manch anderen aber nach wie vor bloß der »Quatsch drumherum«. Etwas, das sich gut und gerne einsparen und auf die Welpenkäufer abwälzen lässt. Wo bleibt hier die Verantwortung? Wird auch die in einen dunklen Verschlag in der Scheune gesteckt? Vielleicht tue ich manchem Unrecht. Vielleicht habe ich aber auch nur schon genug gesehen.
Montags zum Chippen, dienstags zur Augenuntersuchung, donnerstags zum Impfen und dem letzten tierärztlichen Check-up: in der letzten Woche vor der Abgabe haben unsere fünf Welpen ganz schön viel zu bewältigen. Dass das Zeit und Geld kostet, steht außer Frage, gibt mir aber das gute Gefühl, nichts versäumt, alles für meine Welpen getan zu haben. Eine Garantie, dass sich der einzelne Hund immer nur bester Gesundheit erfreuen, niemals ernstlich krank werden wird, werde ich trotz bester Vorsorge zwar niemals aussprechen können – aber seien wir ehrlich: wer kann das schon?
Meinen Dank an das ganze Team der tierärztlichen Gemeinschaftspraxis Jan Ferger und Nadja Brantin in Bad Marienberg sowie an Dr. Nina Müller vom Tieraugenzentrum in Pohlheim (DOK), die unsere Welpen mit viel Sachverstand und Feingefühl untersucht haben. Fünf gesunde Welpen mit gesunden Augen – was will man als Züchter mehr?
© Johannes Willwacher