Die erste Mahlzeit für unsere fünf Border Collie Welpen: über »Mmm!« und »Bapp!« und was mir als Züchter dazu sonst noch so einfällt.
Das Handschuhfach von Jim – einem nachtschwarzen Fiat, den ich gerade achtzehnjährig auf eben jenen Namen getauft hatte – ließ sich nur schwer öffnen. Das nicht etwa, weil der Verschluss aus grauem Plastik klemmte, sondern viel mehr, weil sich das, was darin verstaut war, mit schöner Regelmäßigkeit hinter der Klappe verkeilte: zehn, vielleicht fünfzehn Mixtapes in zerkratzten, zersplitterten, unter dem Druck der nicht schließen wollenden Klappe zerborstenen Kassettenhüllen. Weil nicht nur Jim 1997 seine Erstzulassung erhalten, sondern auch ich meinen Führerschein gemacht hatte, waren jene Mixtapes maßgeblich vom Musikgeschmack jener Zeit geprägt – Björk, die Chemical Brothers und Radiohead fanden sich genauso darunter wie Portishead, Blur oder Tocotronic. Daneben gab es aber auch noch eine Reihe von Tapes der Band, nach deren Leadsänger ich Jim benannt hatte – The Doors, Jim Morrison –, und gut unter allen anderen versteckt einen Mix, auf dem mit schwarzem Edding »Gute Laune« geschrieben stand. Genauso gut hätte dort aber auch »Ist mir peinlich« stehen können, denn mit dem, was man damals ganz allgemein für gut befand, hatten die zwanzig Musikstücke, die darauf zu finden waren, ziemlich wenig zu tun. Deshalb wurde die fragliche Kassette auch wirklich nur dann hervorgekramt, wenn niemand sonst in Hörweite war.
Das erste Lied auf der A-Seite der Kassette stammte von drei blonden Brüdern im Teenageralter – Typ: Posterboy für picklige Dreizehnjährige –, und klang ein wenig so, als hätten sich die Jackson Five an Indie-Rock versucht. Über was die Drei sangen – ob Bienen, Blumen, Border Collies – hat sich mir nie erschlossen, denn das besagte Lied schien schon immer nur aus einem Refrain zu bestehen, der sinnlos Silben aneinanderreihte: Mmm-bop, ba duba dop.
Das Mixtape und der nachtschwarze Fiat gehören längst der Vergangenheit an – Hanson sind geblieben: wenn ihr erster und einziger Hit heute zufällig im Radio gespielt wird, singe ich noch immer heimlich mit. Was dieses Mmm-bop bedeuten soll? Und warum mir das immer noch peinlich ist? Keine Ahnung. Vielleicht greift hier am ehesten, was für alle Dinge gelten sollte, die einem peinlich sind: sie werden erträglicher, wenn man ihnen eine neue Bedeutung zukommen lässt.
In Zukunft werde ich also an fünf Welpen denken, die gerade ihre erste Breimahlzeit genossen und sich von oben bis unten mit dem leckeren, dickflüssigen Bapp beschmiert haben: Mmm-Bapp. Das klingt doch gleich viel besser!
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