Was dich zu einem guten Züchter macht? Über einen Text, der von Züchtern im World Wide Web seit Jahren oft und gerne kopiert wird – vielleicht aber ganz anders verstanden werden muss.
Es gibt da so einen Text, den man auf vielen Züchter-Websites findet. Einen, der ohne Angabe zum Verfasser auskommt, immer wieder für gut befunden und kopiert wird, mit dem sich viele, denen die eigenen Worte fehlen, selbst bestätigen zu müssen meinen – oder bei dem die vermeintliche Autorenschaft gleich ganz für sich beansprucht wird. Vordergründig geht es in diesem Text um die Aufgaben des Züchters, nachrangig um sein Selbstverständnis – und weil sowohl das eine, als auch das andere möglichst plakativ kommuniziert werden will, sind die Aussagen dem Körper des Züchters beigeordnet: seinem Schoß, seinem Herz, seinen Händen. Das lässt sich nicht nur gut nachvollziehen – Hände, Herz und Schoß hat schließlich jeder –, es macht auch Eindruck. Wo kein Körperteil ausgelassen, jedes mit einer wesentlichen Funktion ausgestattet wird, muss es sich doch um eine umfassende Tätigkeit handeln, muss ein Züchter doch jemand sein, der wirklich alles für seine Welpen gibt. So weit, so gut – oder auch: so austauschbar. Denn alles zu geben, wird ganz ohne Zweifel jeder Züchter von sich behaupten. Oder doch nicht?
Wenn es nach dem Text geht, dann gibt es auch andere – solche, in Großbuchstaben –, und kommt zu den Aufgaben und dem Selbstverständnis des Züchters noch ein weitere Zutat hinzu: eine wohldosierte Portion Gift. Ich bin gut, weil ich gut über mich denke, weil ich mir in der Rolle gefalle, die ich mir ausgesucht habe, weil ich besser bin als irgendjemand anderes, besser als solche, die weniger bedingungslos sind. Aber wer soll das sein? Wer würde das von sich behaupten? Wer würde sagen, dass er kein guter Züchter ist? Und: wer würde sich selbst nicht so bestätigt sehen wollen?
Was dich zu einem guten Züchter macht? Allein, ein guter Züchter zu sein. Dich damit abzufinden, dass du nie etwas Endgültiges erreichst, dich immer wieder aufs Neue beweisen musst. Tag für Tag. Dass du alles geben kannst, und trotzdem dich und andere enttäuschst. Dass du missverstanden und hintergangen wirst, dass deine besten Absichten für den Nächsten bloß Abgründe sind. Dass es bloß Züchter gibt. Und nicht solche. Weil das gültige Urteil immer ein Anderer fällt.
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