Zwei Tage Leben – zwei Tage, die aus einer Hündin eine Mutterhündin gemacht haben. Und aus mir – wieder einmal – einen sehr stolzen Züchter. Trotz der Müdigkeit.
Seit einer guten halben Stunde wälze ich mich im Bett hin und her, schließe die Augen und versuche mich zum Schlafen zu zwingen – aber es bringt nichts. Ich schlage also die Decke zurück, sehe zuerst Ida, die mich aus dem Hundekorb schräg gegenüber angrinst, dann die blinkende Zeitanzeige darüber: es ist zwanzig nach vier. »Zum Schlafen kommst du nie, wenn du Welpen hast«, sage ich mit einem halbherzigen Gähnen, »denn selbst, wenn du müde bist, gibt es doch immer noch etwas zu tun«. Auf Zehenspitzen schleiche ich zum Welpenzimmer, schiebe die angelehnte Tür einen Spalt weit auf und werfe einen vorsichtigen Blick in das Dunkel, das nur vom schummrigen Licht der Rotlichtlampe erhellt wird. Ellie sitzt aufrecht in der Wurfkiste, während die fünf Welpen ruhig schmatzen. Ich schlüpfe lautlos in das Zimmer, streichle zuerst der Hündin langsam über den Kopf und ziehe dann das fleckige Laken aus der Wurfkiste, das ganz zerwühlt an den Rand gedrückt ist. »Pipi machen?«, flüstere ich der Hündin zu, die aufmerksam den Kopf schräg hält, gleich darauf aber aufspringt und mit mir das Zimmer verlässt. Schneller als ich schauen kann ist sie die Treppe hinunter – und kaum zwei Minuten später ebenso schnell wieder hinauf. In den Tagen nach der Geburt stellt die Mutterhündin alle eigenen Belange hinten an, um ganz für ihre Welpen da zu sein – Abwesenheit wird von der Natur nicht geduldet. Das trifft ganz offensichtlich auch auf Ellie zu. Selbst wenn der Anfang ganz und und gar nicht danach aussah.
Dass Ellie sich in ihre Mutterrolle erst einfinden musste, ist zweifelsohne den Umständen geschuldet, wie ihre Welpen geboren worden sind: in den Stunden nach der Geburt war sie so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie die Bedürfnisse der Welpen kaum wahrnehmen konnte – die Welpen zum Trinken anzulegen gelang nur unter Zwang, erforderte jedes Mal menschliches Zutun und eine helfende Hand. Bot sich eine Gelegenheit, schlüpfte Ellie aus der Wurfkiste und verließ das Zimmer – überließ es den übrigen Hündinnen, nach ihren Welpen zu schauen. Uns blieb also nichts anderes übrig, als im Wechsel mit ihr in der Wurfkiste zu sitzen – die Nacht trotz des Schlafmangels durchzuwachen – und darauf zu achten, dass auch jeder Welpe genug Milch bekam. Gerade im Hinblick auf die kleinste Hündin, die wir aufgrund ihres geringen Geburtsgewichts noch in der Klinik sondiert hatten und die sich an der Zitze ohne unser Zutun kaum gegen ihre deutlich kräftigeren Geschwister hätte behaupten können, war das Eingreifen überlebenswichtig. Ellie verschwand trotzdem immer wieder, ließ ihre Welpen immer wieder allein. Bis zum Nachmittag des ersten Tages – bis sich schließlich doch der sichere Instinkt durchsetzte, für den ich Ellies Mutter während der Aufzucht immer geschätzt habe. Oder wie eben jene selbst sagen würde: »Zum Schlafen kommst du nie, wenn du Welpen hast!«
Alle fünf Welpen haben seit der Geburt gut an Gewicht zugelegt, alle fünf zeigen sich sehr aktiv und geben mir keinen Grund zur Sorge. Ellie säugt und putzt, umsorgt die Welpen mit größter Zuverlässigkeit – und ich könnte eigentlich weiter schlafen. Kann ich aber nicht. Weil ich zuschauen muss. »Zum Schlafen kommst du nie, wenn du …«
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