Was bedeutet es, Züchter zu sein? Seine Würfe sorgfältig zu planen? Die Welpen mit Liebe aufzuziehen? Über Antworten, Angst und das Unerwartete …
Als Züchter bildet man sich gerne ein, auf alles Antworten zu haben. Vielleicht, weil die Erwartungshaltung der Welpenkäufer das bestimmt, und es einem insofern zu eigen geworden ist, allen möglichen Fragen mit Überlegenheit begegnen zu können. Was man weiß, das gibt man weiter. Und was man nicht weiß, das schlägt man nach, überlegt, bis sich eine Erklärung gefunden hat – weil sich alles erklären, alles vorhersehen, alles verantwortlich vertreten lassen muss: alles wird gut.
Im Märchen gelingt das – da passt Aschenputtel der Schuh, wird der Frosch zum Prinzen und Dornröschen wachgeküsst. Es war einmal – und dann lebten sie glücklich bis an ihr Lebensende. Alle Antworten sind da, alles verläuft ganz genau so, wie man es erwartet. Das Problem ist nur, dass man früher oder später einsehen muss, dass das Leben kein Märchen ist – dass man eines Morgens aufwacht und feststellt, dass der Wolf nicht mit einem Magen voller Wackersteine im Brunnen ertrunken ist, dass er noch immer knurrend vor dem Bett sitzt und die Zähne fletscht. Was soll man tun? Was sagen, was denken? Zieht man sich die Decke über den Kopf und versucht, das Ungeheuer wegzuträumen? Oder stellt man sich ihm – dem Unerwarteten, der Angst, dem Riss in der Welt?
Der Riss, den der plötzliche Tod von Bounty im letzten Herbst hinterlassen hat, klafft auch heute – zum dritten Geburtstag seiner Geschwister – noch weit offen. Ich habe mich schwer getan, damit umzugehen – und tue es noch immer. Nicht nur, weil sich keine Antworten finden lassen – wieso, weshalb, warum –, sondern auch, weil sich mein Selbstverständnis als Züchter dadurch in Frage gestellt sieht. Weil ich eben nicht der bin, der ich sein wollte – nicht der nette Märchenonkel, der jedem sein Happyend verkauft. Denn egal wie gut und sorgfältig ich auch plane – wie gut sich die Geschichte, die ich schreibe, auf dem Papier auch liest –, steht das echte Leben doch vielmehr für das Unerwartete. Für all das, was sich nicht planen, nicht versprechen lässt.
Da zu sein – mich zu erinnern, Anteil zu nehmen, nichts zu vergessen –, ist deshalb vielleicht das Einzige, das ich zuverlässig versprechen kann. Ich weiß nicht, wie viele Jahre auf diesen oder jenen Geburtstag folgen werden, ob am Ende immer alles gut oder alles noch viel schlimmer werden wird – auch ich habe nicht alle Antworten. Aber Hoffnung. Zuversicht. Und Liebe. Und euch Dreien – Spencer, Nana und Zeppo – wünschen ich davon heute für vier!
© Johannes Willwacher