Jeder Züchter weiß, dass irgendwann der Tag kommt, an dem der Erste gehen muss, dem man auf die Welt geholfen hat. So früh hätte ich aber nicht damit gerechnet. Nein, nicht ich. Niemand.
Da ist ein Land der Lebenden
und ein Land der Toten.
Und die Brücke zwischen ihnen
ist die Liebe, das einzig Bleibende,
der einzige Sinn.
aus: The Bridge of San Luis Rey,
Thornton Wilder (1929)
Ich sitze hier. Und verstehe nichts. Ich fühle mich taub, während die Worte von Jule in meinen Ohren nachhallen. Der Schmerz. Die Tränen. Vielleicht auch die Wut. Auf den Krebs. Das Leben. Würde ich etwas fühlen, dann wäre ich jetzt vielleicht auch wütend. Auf mich selbst. Würde mir Vorwürfe machen, dass mir keine tröstenden Worte eingefallen sind, ich nichts sagen, nichts ändern, nichts besser machen kann. Das von einem auf den anderen Tag alles anders ist.
Bounty (Broadmeadows Dressed for Success) musste heute erlöst werden. Er war erst zweieinhalb Jahre alt. Er hatte keine Chance, der Krebs war schon viel zu weit fortgeschritten, hatte nicht nur den Darm, sondern auch die Lymphe angegriffen. Warum, frage ich mich. Warum? Und finde wieder keine Worte – verstehe alles und doch nichts.
Es war einmal ein junger Hund. Und dann nicht mehr. Wer will das schon verstehen?
Jule, ich weine mit dir – es ist nur eins: unfassbar!
© Johannes Willwacher