Die zweite Trächtigkeitswoche, zu viele Hände und ein Spaziergang über einhundertzwanzig Millimeter: ganz schön, aber auch ganz schön anstrengend.
Man fragt sich gerne, was zuerst da war: die Hand, die streicheln, oder der Hund, der gestreichelt werden will. Und findet dennoch keine befriedigende Antwort, kann trotzdem kaum auflösen, wer auf wen zugegangen, was von wem ausgegangen ist. Vielleicht, weil sich das – wie man so schön sagt – einfach nichts nimmt, weil das eine immer auch ein wenig das andere bedingt, und es nicht nur der Hund ist, dem es von heute auf morgen nach mehr Zuwendung verlangt, sondern auch man selbst: weil sich das Bedürfnis, den Hund – das Leben – unter den eigenen Händen zu spüren, eben nicht von der Hand weisen lässt. Also sitzt man da. Und streichelt. Stunde um Stunde. Ganz einfach. Und schön.
Während man selbst also nur zu gerne dasitzt und versunken den Bauch der Hündin reibt, dürften die Blasenkeime, die in den vergangenen sieben Tagen durch den Eileiter gewandert und endlich in die Gebärmutter eingetreten sind, ganz schön aus der Puste sein: der gewundene Eileiter will mit seinen – je nach Rasse – achtzig bis einhundertzwanzig Millimetern Länge zwar kaum gewaltig scheinen, für die winzig kleinen, befruchteten Eizellen ist er aber alles andere, als ein Spaziergang. Wer will es ihnen da verübeln, dass sie nach der anstrengenden Reise erst einmal nichts tun und erschöpft verweilen, wo sie sind? Ganz so untätig sind sie dann aber doch nicht, denn während sich der Körper der Hündin durch eine gesteigerte Progesteronausschüttung auf die bevorstehende Einnistung der Embryonen in den Gebärmutterhörnern vorbereitet, bilden sich im Inneren der Blasenkeime bereits drei Keimschichten aus, die wesentlich für die weitere Entwicklung sind: das Nervensystem mit den Sinnesorganen, das Skelett, das Herz sowie die Atmungs- und Verdauungsorgane werden angelegt. Haben sich die Blasenkeime, deren Größe sich bislang kaum von der einer unbefruchteten Eizelle unterscheidet, bis zum Eintritt in die Gebärmutter aus eigenen Vorräten ernährt, werden sie nun durch die Uterusdrüsen mit weiteren Nähr- und Aufbaustoffen versorgt. Und tun deshalb was? Sie wachsen! Wurde ja auch Zeit.
Und jetzt: weiter streicheln!
© Johannes Willwacher