Kennen Sie eigentlich schon die drei Kategorien von Hundebesitzern? Über Spaziergänge, Gelassenheit und Gedankenlosigkeit – und jemanden, der von beidem dringend mehr bräuchte.
Samstagnachmittag, kurz nach fünf. Gut eine Stunde sind wir mit den Hunden durch Wald und Feld gelaufen und befinden uns – aufgrund der unerwartet warmen Witterung allesamt müde und ausgelaugt – auf dem Heimweg, die ersten Häuser sind schon in Sicht. Bis zu unserem Auto, das am Ortsrand abgestellt ist, sind es vielleicht noch zwei Minuten, als ein Spaziergänger, der einen Dalmatiner an der Leine führt – oder viel mehr: der von einem Dalmatiner geführt wird, denn der Hund ist von beiden augenscheinlich die treibende Kraft –, auf den geteerten Feldweg vor uns einbiegt. Hans-Guck-in-die-Luft schaut mal links, mal rechts, meistens mit verdrehtem Hals irgendwo hinter sich, während der Hund uns längst erspäht und sich, weil niemand darüber nachdenkt, korrigierend einzugreifen, provozierend fest geglotzt hat. Ich kriege Puls. Sofort. Nicht wegen dem Hund. Nö. Wegen dem Menschen dahinter.
Drei Kategorien von Hundebesitzern
Es gibt meiner Meinung nach drei Kategorien von Hundebesitzern, die sich grundsätzlich voneinander unterscheiden. Zum einen Diejenigen, die kontrollieren und keinen Schritt ihres Hundes unbeobachtet lassen, um gegebenenfalls eingreifen zu können. Dann Diejenigen, die mit der größtmöglichen Gelassenheit unterwegs sind, den Hund auch einfach mal Hund sein lassen können, durch ihre natürliche Präsenz aber trotzdem jederzeit Autorität ausstrahlen. Und schlussendlich Diejenigen, die bloß dabei sind – im Sinne von: körperlich anwesend – und keinen Gedanken an Führung oder etwaige Fehler verschwenden.
Ich gehöre – und ich habe kein Problem damit, ganz offen dazu zu stehen – zur ersten Kategorie, und empfinde deshalb vielleicht auch viele Spaziergänge vor allen Dingen als eines: ziemlich anstrengend. Man muss nämlich schon sehr aufmerksam unterwegs sein, wenn man dem Hund – der, machen wir uns nicht vor, ein viel besserer Beobachter ist – grundsätzlich zuvorkommen will. Zusätzlich verdirbt der eigene Anspruch – der Hund sollte a.) jederzeit ansprechbar sein, sich b.) niemals in die Leine hängen und c.) immer möglichst erwartbar verhalten – allzu oft die entspannte Grundhaltung. Und damit auch den entspannten Spaziergang. Als bekennender Controlletti bin ich aber nicht nur damit beschäftigt, mich über das Fehlverhalten meiner Hunde zu empören, sondern kann mich gleichermaßen gut über Hundebesitzer aufregen, die zur unaufmerksamen dritten – Ich-geh-mit-meinem-Handy-spazieren – Kategorie gehören. Während ich nämlich – überspitzt formuliert – sage, dass ein Spaziergang den Hunden nur dann Spaß macht, wenn auch ich Spaß habe, sagen Hundebesitzer der dritten Kategorie bloß: »Mir doch egal, mach was du willst!«, und stehen mir damit nicht nur diametral gegenüber, sondern auch regelmäßig im Weg (meine Hunde finden übrigens, dass ich mir eigentlich oft selbst im Weg stehe – von wegen Spaßbremse, und so – aber darum geht es ja zum Glück gerade nicht).
Der Dalmatiner glotzt
Also weiter: der Dalmatiner glotzt noch immer, Herrchen hat uns allem Anschein nach aber auch endlich bemerkt. Als uns nur noch wenige Meter trennen strafft er nämlich die Leine – womöglich, weil der Dalmatiner die Zähne gebleckt und zu knurren begonnen hat – und redet belehrend auf seinen Hund ein, während er weiter schnurgerade auf uns zuläuft. Den glotzenden Hund finden meine Vier dann jetzt übrigens auch richtig doof. Ich kriege – Sie ahnen’s schon – Puls. Weil aber weder Herrchen, noch der tobende Dalmatiner daran denken auszuweichen, bin es kurz darauf ich, der mit seinen Hunden im Graben steht. Herrchen, mit ganz kurzer Leine sagt: »Die wollen doch gar nicht mit dir spielen«, und zieht seinen Hund, der auf das Bellen meiner Vier mit einem, auf den Hinterläufen vorgetragenen, kehligen Donnergrollen reagiert, mit angespanntem Bizeps an uns vorbei. »Spielen?«, denke ich. »Wollte hier tatsächlich jemand spielen?«
Würde ich mich in eine der beiden anderen Kategorien von Hundebesitzern einsortieren, die sich – wir erinnern uns – zum einen durch Gelassenheit, zum anderen durch Gedankenlosigkeit auszeichnen, säße ich wohl kurz darauf mit den Hunden im Auto und würde kein Wort mehr über das Erlebte verlieren. Weil sich aber weder der bekennende Controlletti, noch die notorische Spaßbremse (vom Klugscheißer ganz zu schweigen) mit dem unüberlegten Einwurf abfinden wollen, drehe ich mich im nächsten Augenblick um, und beginne mit sich überschlagender Stimme einen Vortrag zu halten, der von der Körpersprache des Hundes ausgeht, das respektvolle Miteinander streift und schließlich irgendwie bei »World of Warcraft« endet (davon habe ich zwar keine Ahnung, im Affekt klingt das für mich aber äußerst plausibel, weil nach einem sehr gewalttätigen Spiel). Und was tun die beiden Angesprochenen? Sie gehen einfach weiter!
Spazierengehen ist ja so anstrengend.
»Mach was du willst« hieß es im letzten Monat auch für die Besitzer unserer Nachzuchten, denn diesmal gab es keine Vorgaben und durfte nach Lust und Laune fotografiert werden.
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