Hunde zu haben kostet Geld. Aber selten, weil die Hunde selbst so teuer im Unterhalt sind – manchmal heißt es einfach: Wir brauchen.
»Wir brauchen«, sage ich. Und damit fängt es an. Dirk, der mir gegenüber sitzt, verdreht die Augen. Das nicht, weil ich etwas gesagt habe – das mag zwar mitunter vorkommen, greift aber diesmal nicht –, nein, viel mehr, wie ich es gesagt habe, lässt ihn die Augen verdrehen. Wir wissen nämlich beide, dass mit diesem »Wir« gar nicht wir Zweibeiner gemeint sein, und dass es beim »Brauchen« gar nicht um unsere eigenen Bedürfnisse, sondern bloß um die der Hunde geht – aber weil das längst zur Gewohnheit geworden ist, heißt es: »Wir«. Wir brauchen. Ein neues Auto.
Dass die Anforderungen, die man als Hundebesitzer an ein Fahrzeug stellt, mit der Zahl der zu befördernden Hunde steigen, scheint mir fast offensichtlich: mehr als zwei Vierbeiner finden in einem durchschnittlichen Kleinwagen selbst dann nicht genügend Platz, wenn sie, wie Tetris-Blöcke, platzsparend gestapelt werden. Aber nicht nur der Komfort kommt dabei zu kurz, auch die Sicherheit der vierbeinigen Passagiere kann in einem viel zu kleinen Auto nicht ausreichend gewährleistet werden: zwei Hundeboxen lassen sich mit viel gutem Willen in einem normalen Kofferraum unterbringen – und selbst das setzt schon den Verzicht auf die Rückbank als Sitzfläche und Stauraum voraus. Also heißt es: Maxi statt Mini. Oder wie in unserem Fall: Tschüss, Schimmelkiste.
Die Schimmelkiste
Die Schimmelkiste war vom ersten Tag an unser Hundeauto. Sie war günstig in der Anschaffung, für zwei Hunde ausreichend groß, aber – daher ihr Name – vom ersten Tag an auch völlig ungeeignet, um Hunde darin zu transportieren: weil Hunde nämlich oftmals nass sind und sich überdies – gerade nach langen, schweißtreibenden Spaziergängen – gerne durch ausgeprägtes Hecheln Erleichterung verschaffen, war die Schimmelkiste immer feucht. Jahreszeit: völlig egal – wobei die Feuchte bei Frost regelmäßig dazu führte, dass die Scheiben nicht nur außen, sondern auch innen vom Eis befreit werden mussten.
Dass die augenrollende Ablehnung, die Dirk – »Was das wieder kostet« – anfangs an den Tag legte, sich ziemlich schnell ins Gegenteil verkehrte, habe ich zwischen den Zeilen wohl bereits verraten (andernfalls hätte die Schimmelkiste nämlich wohl auch kaum den Weg zum nächsten Schrottplatz gefunden und würde, die Stoßstange von silbernem Industrieklebeband gehalten, noch immer in unserer Einfahrt vor sich hin gammeln). Wie schnell allerdings, darauf war ich selbst nicht gefasst. Statt: »Wir brauchen«, hieß es keine acht Wochen später: »Wir haben«.
Das Traumschiff
In der Einfahrt parkt nun also, anstelle der Schimmelkiste, das Traumschiff. Es ist groß genug, um nicht nur allen vier Hunden genug Platz zu bieten, sondern wahrscheinlich auch sämtlichen »Deine-Mutter-ist-so-fett«-Witzen dieser Welt. Vielleicht hat es sogar einen eigenen Mond (da bin ich mir, genauso wie bei der Schaltautomatik, noch nicht so sicher), auf jeden Fall aber eine eigene Umlaufbahn.
»Wir brauchen«, hieß es gestern Abend. Diesmal ein neues Sofa. Und ganz klar: allein wegen der Hunde. Die brauchen dringend mehr Platz.
© Johannes Willwacher