Für Amy, die gestern ganz unerwartet beschlossen hat, dass es mit zehn Jahren an der Zeit ist, die letzte Reise anzutreten.
Man denkt gerne, dass man Zeit hat, sich auf diesen Tag vorzubereiten. Dass man absehen kann, wenn der Abschied naht. Vielleicht, um die letzten Wochen, Tage und Stunden mit noch mehr Liebe und Fürsorge auszukleiden, vielleicht, um die letzten Dinge noch einmal ganz bewusst zu tun – auf einer Bank zu sitzen, die Hände im vertrauten, warmen Fell zu vergraben, einen Ball zu werfen – vielleicht, um sich nicht vorwerfen zu müssen, etwas versäumt zu haben. Man denkt gerne, dass man Zeit hat. Aber man irrt sich.
Als ich gestern Abend nach Hause komme, hat Amy sich bereits auf den Weg gemacht. Nell steht mit hängenden Ohren am Treppenabsatz, so als wüsste sie, was sich zugetragen hat – als würde sie ahnen, dass die Frage, die ihr schon immer das schönste Lächeln entlockt hat, nie wieder gestellt werden wird: »Sollen wir zu Amy fahren?« Langsam setzt sie einen Fuß vor den anderen, dann vergräbt sie ihren Kopf in meinem Schoß. »Trauer ist Liebe, die heimatlos geworden ist«, habe ich irgendwo einmal gelesen. Und für Nell – für Neo, Ida, für das ganze Rudel – war Amy vor allen Dingen das: Zuhause.
Wieder war es Krebs – die Leber von Tumoren zersetzt –, wieder waren es bloß Stunden, die für den Abschied blieben. Und wieder denkt man sich: hätte man doch nur mehr Zeit gehabt. Hätte.
Mach’s gut, Amy!
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