Von Bremen nach Kiel, oder: von der Elbmündung einmal am Nord-Ostsee-Kanal entlang. Mit Hund. Mit Border Collie. Auf dem Rad. Ein Reisetagebuch.
Als Holle, die Besitzerin von Iska (Broadmeadows Beauty Queen) mir im Sommer von ihren Urlaubsplänen für den Herbst erzählte, schrieb ich ihr begeistert zurück, doch bitte ein Reisetagebuch zu führen, da ich davon ausging, dass die Reise – gut 260 Kilometer einfache Strecke mit dem Rad, der Hund immer voraus, immer mit dabei – den einen oder anderen interessieren und zum nachmachen animieren könnte.
Fahrradtour nach Kiel
Eine schöne Tour, acht schöne Tage!
Vorbereitung: Die Routen so planen, dass nicht zu viel (oder besser gar kein) Straßenverkehr vorkommt und Iska frei laufen kann – was natürlich nicht immer geht. An besagter Route die Quartiere finden (und auch buchen), was nicht so leicht ist. Als alleinreisende Radfahrerin ist man nicht überall willkommen (Einzelzimmer), schon gar nicht mit Hund (und womöglich auch noch beide nass!). Futter: doppelte Tagesrationen vom Trockenfutter einpacken (3,5 kg waren das beim Start) und leckere Hundewürstchen für zwischendurch – 1,5 Liter Wasser für unterwegs. Alles andere findet sich! Für die Pfotenpflege: Hirschhorntalg.
Mittwoch, 20. September 2017
Worphausen nach Sandstedt / Unterweser
Strecke: 70,5 km
Los geht´s mit ’nem Fehlstart: Tacho funktioniert nicht, also zum Fahrradladen und schon sind es zehn Kilometer mehr als geplant! Grrrh! Ansonsten schöne Strecke aus der Moorniederung hoch, oben über die Geest in die Wesermarsch. Kein Regen, Feld- und Waldstrecken, Iska kann überwiegend frei laufen.
Donnerstag, 21. September 2017
Sandstedt nach Bremerhaven/Hbf.
Strecke: 44,3 km
Nordholz nach Cuxhaven
Strecke: 21,4 km
Um den Stress der Großstadt-Durchfahrt zu vermeiden, wollte ich Bremerhaven per Bahn durchqueren. Anders als angekündigt (!) fährt die Bahn von dem kleinen Bahnhof Loxstedt allerdings für viele Stunden nicht – also doch weiter per Pedes nach Bremerhaven: über 15 km mehr als geplant! Aber: Iska läuft auch unter den ungünstigen Großstadtbedingungen am Rad fixiert wie ’ne Eins! Schöne Erfahrung! Im Zug dann schläft sie – bis eine Teenie-Gruppe das Rad-Abteil entert und sie von dem obligaten hochoktavigen „Voll süüüüüüß!“ geweckt wird. So wird auch dieses Bedürfnislage bedient – Hund wird ja sonst nie gestreichelt …
Freitag, 22. September 2017
Holte-Spangen zur Fähre Cuxhaven
Brunsbüttel am Nord-Ostsee-Kanal nach Hamdorf
Strecke: 71,4 km
Fast anderthalb Stunden auf dem Wasser. Nicht bedacht hatte ich: auf dem obersten Deck unterhalb der Brücke zu stehen ist schön für Ausblick und Wind um die Nase – aber das Tuten bei der Abfahrt hat Iska den Schreck des Lebens verpasst. Wir lassen das Pipi Pipi sein und begeben uns lieber zum Heck.
Ab Brunsbüttel: Zunächst nur Industrie-Strecken, ehe man an den Kanal kommt. Am Kanal selbst: stressfrei, weil Radfahrer und Fußgänger unter sich sind; mit vollbepacktem Rad ist es allerdings sehr anstrengend, bei gemäßigtem Tempo die Spur zu halten (wie Autobahnfahren zwischen Helmstedt und Berlin zu DDR-Zeiten, denke ich: endlos geradeaus und keine Chance, Gas geben zu dürfen). Iska ist öfter ins Wasser, wenn gerade mal keiner der Riesenpötte vorbei kommt – auch dieses Wasser (Spezialmischung aus Nord- und Ostsee) trinkt sie gern – uuuäääh!!!
Abends im Restaurant: Tiefschlaf! Gästekommentare: „Der ist aber ruhig! Eigentlich sind das doch aber so ganz lebhafte Hunde?“ Ich stelle mir dann bloß die Leute nach 70 km Fußmarsch vor und verkneife mir die entsprechenden Gegenkommentare.
Samstag, 23. September 2017
Hamdorf nach Kiel
Strecke: 58,3 km
In Rendsburg per Fahrstuhl in tiefste Tiefen zum Fußgänger-Tunnel, weil die Schwebefähre kaputt ist, weiter auf der Südseite des Kanals – leider immer wieder Sperrungen des Weges und Umleitungen „über Land“. Trotzdem (oder gerade deswegen?) schöne Ecken entdeckt. Das immer wieder nötige Queren des Kanal macht auch Spaß – es sind zwischen Brunsbüttel und Kiel zwölf (oder mehr) Fähren – kostenlos auf immer und ewig! – Kaisers Wort in Volkes Ohr.
Sonntag, 24. September 2017
Kiel: Ruhetag bei Freunden
Montag, 25. September 2017
Kiel nach Meckelmoor / Breiholz
Strecke: 49 km
Wir sind auf dem Rückweg: alle (?) Fallen sind bekannt, es geht zügiger und mit weniger fiesen Umwegen. Iska gibt Gas – wie eigentlich immer, wenn sie einen Rückweg unter den Füßen hat. Dafür, wie oft wir inzwischen die Kanalseite gewechselt haben, habe ich schon kein Gefühl mehr. Übernachtung direkt am Kanal: Die Riesenpötte tuckern die Nacht über hell erleuchtet an den Fenstern vorbei, die ich mit Handtüchern verhänge, damit Iska sich nicht aufregen muss.
Dienstag, 26. September 2017
Meckelmoor nach Cuxhaven
Strecke: 66 km
Vor vier Tagen sind wir diese Strecke in entgegen gesetzter Richtung gefahren, und während ich an den Kaffee, den ich an einem Campingplatz hatte, nur denke, biegt Iska schon mal in vorauseilendem Gehorsam dorthin ab: „Nein, hier lang! Weiter – da ist noch zu! Wir nehmen die nächste Bank.“ Bänke hat sie schätzen gelernt – schließlich teilen wir da immer Brötchen oder was sonst gerade zur Hand ist.
Mittwoch, 27. September 2017
Cuxhaven nach Nordholz
Strecke: 21,5 km
Osterholz-Scharmbeck nach Worphausen
Strecke: 16 km
Der letzte kurze Rückreisetag mit einem längeren Stück Bahnfahrt bleibt ohne besondere Vorkommnisse.
Fazit
Es ist nicht zu übersehen, dass Iska und ich beim Fahrradfahren ein ganz gut eingespieltes Team sind und ich ihr inzwischen auch relativ entspannt an Straßen mehr „Frei-Lauf“ zugestehen kann. Wir verhalten uns ja nicht vorschriftsmäßig (was hieße: Hund läuft nur parallel zum Rad) – Iska läuft immer auf dem Seitenstreifen, aber ein paar Meter vor mir. Ich akzeptiere das, finde es entlastend, weil ich sie gleichzeitig mit allem, was ich vor mir im Blick halten muss, sehe.
An den sieben Tour-Tagen ist „Lieschen Leichtfuß“ 418 km gelaufen und hat dabei noch 500 g zugenommen – schiere „Muckis“ dürften das ja wohl sein!
Egal, welches Tempo zwischendurch gelaufen / gefahren wird (das schwankt zwischen 13 und 22 km/h): Durch Trink- und kurze Ruhepausen für Iska oder auch andere Unwegbarkeiten kommen wir pro Stunde nur zehn Kilometer weiter (wichtig für die Gesamtplanung oder eben auch Bahn und Fähren).
Die ungeplant dazu kommenden Kilometer werde ich bei späteren Touren durch zusätzliche, von vornherein eingeplante Ruhetage zu kompensieren versuchen – die mitlaufende Sorge, Iska zu viel zuzumuten, ist kein so schönes Gefühl – auch wenn das vielleicht unbegründet war.
Comments are closed.