12|03|2017 – Drei Wochen alt: unsere beiden Border Collie Rüden
12|03|2017 – Drei Wochen alt: unse­re bei­den Bor­der Col­lie Rüden

Wenn die Wurfkiste zum Leben erwacht: was der Züchter in der dritten Lebenswoche der Welpen beobachtet – und was Wölfe und Schafe damit zu tun haben.

»Weiß ein drei Wochen alter Wel­pe eigent­lich, dass er ein Wel­pe ist?«, fra­ge ich mich, als ich am frü­hen Frei­tag­mor­gen bäuch­lings auf dem Fuß­bo­den lie­ge, fünf schla­fen­de Wel­pen um mich her­um, »genau­so gut könn­te er doch auch anneh­men, ein Wolf zu sein – oder ein Schaf, viel­leicht?« Ich dre­he mich lang­sam auf die Sei­te, stüt­ze den Kopf auf dem ange­win­kel­ten Arm ab und zie­he die Bei­ne an – so habe ich alle Wel­pen im Blick. Haben die­se in den ers­ten bei­den Lebens­wo­chen noch aus­schließ­lich auf der Sei­te geschla­fen, beob­ach­te ich nun, dass sich alle in ähn­li­cher Wei­se zusam­men­ge­rollt haben: nicht bloß bei­na­he so wie Hun­de, son­dern auch bei­na­he so wie ich. »Ein drei Wochen alter Wel­pe kann sich zusam­men­rol­len, er kann sehen und hören, sich die Pfo­ten lecken – und wenn er sich nicht all­zu unge­lenk anstellt, viel­leicht auch schon von der einen Sei­te des Zim­mers zur ande­ren lau­fen«, den­ke ich und las­se den Kopf zurück auf den Boden sin­ken, »aber woher weiß ein Wel­pe, was er ist?«

12|03|2017 – Drei Wochen alt: unsere drei Border Collie Hündinnen
12|03|2017 – Drei Wochen alt: unse­re drei Bor­der Col­lie Hündinnen

Die Übergangsphase beim Welpen

In der drit­ten Lebens­wo­che, die als Über­gangs­pha­se gilt, macht sich beim Wel­pen eine rapi­de Ent­wick­lung bemerk­bar: hat der Wel­pe bis­lang die meis­te Zeit mit Schla­fen ver­bracht, wer­den die Akti­vi­täts­zy­klen nun immer län­ger, der Akti­ons­ra­di­us grö­ßer. Dabei ist es nicht allein die Erwei­te­rung der Sin­ne – von Hören und Sehen – die es ihm ermög­licht, sei­nen Akti­ons­ra­di­us aus­zu­deh­nen, son­dern auch die Mög­lich­keit, die Tem­pe­ra­tur selb­stän­dig auf­recht­zu­er­hal­ten. Die Not­wen­dig­keit eines grö­ße­ren Akti­ons­ra­di­us hat einen ein­fa­chen Grund: da Kot und Urin nun auch ohne die Sti­mu­la­ti­on der Hün­din aus­ge­schie­den wer­den kön­nen und das Wurf­la­ger zuneh­mend ver­un­rei­nigt wür­de, muss der Wel­pe – um sich zu lösen – jenes gezielt ver­las­sen kön­nen. Neu­gier- und Spiel­ver­hal­ten tun – obschon die Geschwis­ter noch eher beweg­te Objek­te als tat­säch­li­che Sozi­al­part­ner dar­stel­len – ihr Übri­ges dazu: der Wel­pe beginnt die Welt zu entdecken.

Zu mei­ner Lin­ken stößt Nell die ange­lehn­te Tür mit der Schnau­ze auf. Geschickt schiebt sie sich an mir vor­bei und bewegt sich ziel­stre­big auf die schla­fen­den Wel­pen zu – stupst bald die­sen, bald jenen mit der Nase an –, und lässt sich schließ­lich zufrie­den in die Kuh­le sin­ken, die mei­ne Knie mit dem Ober­kör­per bil­den. Nach und nach öff­nen die Wel­pen die Augen, gäh­nen und stre­cken sich – und kaum dass der letz­te wach ist, ist auch schon der ers­te mit wack­li­gen Schrit­ten auf die Mut­ter zu gestol­pert, hat den Kopf in das schwarz-wei­ße Fell geschanzt und zu schmat­zen begon­nen. »Wenn dei­ne Mut­ter ein Hund ist«, sage ich und streich­le die Flan­ken der Hün­din, »dann musst wohl auch du ein Hund sein – gar kei­ne Fra­ge«. Die Ohren des ers­ten Wel­pen flat­tern auf­ge­regt, als ein zwei­ter ver­sucht, ihn von der bean­spruch­ten Zit­ze abzu­drän­gen. »Bleibt also bloß die Fra­ge, wer von euch mehr Wolf, wer mehr Schaf ist«, bemer­ke ich und schaue zu, wie sich zwi­schen den ers­ten und den zwei­ten der kon­kur­rie­ren­den Wel­pen noch ein drit­ter schiebt, der bin­nen kur­zem bei­de bei­sei­te gesto­ßen hat. »Wenn man vom Wolf spricht«, lache ich, »dann ist er nicht weit«.

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