Nicht allein die Welpen bereiten sich in der 8. Woche auf die Geburt vor: auch der Züchter will vorbereitet sein. Über Waagen, Wärmelampen und Welpenprotokolle – und was sonst noch so fehlt.
»Ist noch Jod da?«, schießt es mir durch den Kopf, als ich am frühen Morgen erwache. Verschwommen nehme ich im Dunkel das Blinken der Digitalanzeige wahr – zwei Punkte, die im Sekundentakt aufleuchten –, ich reibe mir die Augen, es ist kurz vor drei. »Die Laken und Handtücher müssen noch ausgekocht, die Nabelschere desinfiziert werden«, denke ich und dann wieder an das Jod, »wo war das noch?« Die folgenden Minuten verbringe ich damit, mich von der einen auf die andere Seite zu wälzen, die dunkelgrüne Flasche mit dem spitz zulaufenden Schraubverschluss immerzu vor Augen, »verdammt noch mal, wo war die noch?« Ich stehe auf, taste mich im Dunkeln an den Wänden entlang, gelange irgendwie zur Treppe und steige – um niemand zu wecken – mit leisen Schritten die Stufen hinauf.
In den Tagen vor der Geburt wird es wohl vielen Züchtern ähnlich ergehen: immer wieder geht man gedanklich die Ausstattung durch, ergänzt dieses und jenes, prüft, was noch ausreichend vorhanden, was aufgebraucht worden ist, räumt die Handtücher nach links, die Laken nach rechts, und entscheidet schlussendlich alles zurück zu räumen, es so zu belassen, wie es immer gewesen ist. Die bewusste Jodflasche ist dabei bloß eines von vielen, vielleicht überflüssigen Dingen, die in Vorbereitung auf die Geburt bereitgestellt werden. Waage und Welpenprotokolle – die nackte Umrisszeichnung eines gestreckten liegenden Welpen, in der sich Abzeichen und äußerliche Besonderheiten nach der Geburt zur Unterscheidung eintragen lassen – stehen aber genauso wie die Rotlichtlampe und das Heizkissen, die den bereits geborenen Welpen unter der Geburt der Geschwister die Mutterwärme ersetzen, bei jedem Wurf bereit. Das Gefühl gespannter Erwartung kann aber auch die gewissenhafteste Vorbereitung nicht mindern – ganz im Gegenteil wächst es weiter, bis der erste Welpe geboren worden ist. »Weiß der Tierarzt für den Notfall eigentlich schon Bescheid?«
Aspirin, Heftpflaster, Cremes und Salben ziehe ich nacheinander aus der Hausapotheke, die sich vor mir auf drei Körbe verteilt. In keinem der drei ist die Jodflasche zu finden, dafür ein Welpenspielzeug – ein weißes Schaf, das mich mit aufgenähtem Mund angrinst und nach dem letzten Wurf wohl vor den Hunden hier versteckt worden ist –, Taschentücher und ein Badeschwamm. Ich zucke die Schultern, denke: »Dann eben nicht!«, räume alles zurück, stehe auf und schalte das Licht aus, will mich schon wieder auf den Weg ins Bett machen, als ich es im Welpenzimmer scharren höre. Nell hockt auf dem Bett, die aufgewühlte, grüne Wolldecke zwischen ihren Pfoten, und schaut mich mit leidgeprüftem Blick an. »Arme Nell«, sage ich. Die Unruhe der Hündin – kein Lager, keine Schlafposition will auf die Dauer recht sein – begleitet uns bereits seit einigen Nächten, immer wieder ist es ihr beständiges Wandern, das mich aus dem Schlaf fahren lässt. »Arme Nell«, sage ich noch einmal – und diesmal lässt die Border Collie Hündin sich seufzend nach hinten sinken, zeigt den prallen, runden Bauch vor: bei keiner der beiden vorangegangenen Trächtigkeiten ist der so rund gewesen. Ich folge schließlich der Aufforderung und setze mich neben die Hündin, streiche mit der flachen Hand zwei-, dreimal über das bereits gut ausgebildete Gesäuge, dann lasse ich die Hand ruhig liegen. Darunter klopft und flattert es. »Keine Woche mehr«, sage ich und seufze selbst, habe für einen Augenblick alles andere vergessen.
Ja, alles. Auch das Jod. So schön ist das.
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