Nell – mit großem Appetit in der sechsten Trächtigkeitswoche
Nell – mit gro­ßem Appe­tit in der sechs­ten Trächtigkeitswoche

Die 6. Trächtigkeitswoche: Wo es nur für eine mehr Futter gibt, ziehen zwei andere lange Gesichter. Über drei hungrige Border Collies – und Futterneid.

Zion steht mit lee­rem Blick vor sei­nem Napf. Gegen­über leckt Nell genüss­lich die Quar­k­res­te aus ihrer Scha­le. Ver­wirrt schaut der Rüde erst mich, dann wie­der den lee­ren Napf vor sich an, um schließ­lich ver­stoh­len zu Nell zu schie­len, die ihre Zun­ge ein letz­tes Mal durch das Por­zel­lan­rund krei­sen lässt. Kaum dass ich mich erho­ben habe, eilt er mir vor­aus – weil Bor­der Col­lies aber kaum begab­ter im Gedan­ken­le­sen sind, als irgend­ein ande­res Lebe­we­sen, weil sie, wenn über­haupt, bloß eine Bega­bung dafür besit­zen, Hand­lun­gen vor­aus­zu­se­hen, die ihrer Mei­nung nach als Nächs­tes pas­sie­ren soll­ten, steht er gleich dar­auf vor der Spei­se­kam­mer und stemmt die Vor­der­pfo­ten gegen die ver­schlos­se­ne Tür. Ich zucke die Schul­tern: »Das war wohl nichts, Herr von und zu Fut­ter­neid«. Und damit ver­las­se ich die Küche.

Die sechs­te Träch­tig­keits­wo­che mar­kiert für unser Hun­de­ru­del einen Wen­de­punkt. Nicht, weil sich für alle drei Hun­de irgend­et­was ändern wür­de – weit gefehlt –, viel­mehr, weil sich für zwei von Drei­en eben nichts ändert. Mehr Fut­ter bekommt nur Nell – und statt der zwei Mahl­zei­ten, die auch den bei­den ande­ren Hun­den ange­bo­ten wer­den, wird das Fut­ter auf meh­re­re klei­ne Mahl­zei­ten auf­ge­teilt: da die Gebär­mut­ter den Bauch zu bei­na­he zwei Drit­teln aus­füllt und Grö­ße und Gewicht der Wel­pen täg­lich wei­ter zuneh­men, kann die Hün­din kaum noch nor­ma­le Fut­ter­men­gen auf­neh­men. Dass die­ses »Mehr« gera­de ein­mal eine Hand­voll bedeu­tet – der Erhal­tungs­be­darf der Hün­din wird bis zur Geburt der Wel­pen wöchent­lich um etwa 15 Pro­zent auf­ge­stockt –, ist den bei­den ande­ren Hun­den herz­lich egal: mehr ist mehr.

Hundefutter Welpenfutter Trächtigkeit

Als ich zurück­keh­re, hat Zion bereits auf­ge­ge­ben und sich schmol­lend auf den Flie­sen breit gemacht – von mir ange­spro­chen, wen­det er ent­schie­den den Kopf ab. Nell kommt mir schmat­zend aus der Küche ent­ge­gen – das Fort­schrei­ten der Träch­tig­keit lässt sich bei ihr kaum noch leug­nen, an den Flan­ken steht das Fell wild und buschig ab und der Bauch, der in der Tail­le nun­mehr knapp 65 Zen­ti­me­ter misst, ist deut­lich gerun­det –, im Vor­bei­ge­hen strei­che ich ihr über den Kopf und gra­be mei­ne Hand an ihrem Ruten­an­satz in das sei­dig glän­zen­de, lack­schwar­ze Fell. Sie streckt sich aus­gie­big, wedelt, und lacht mich dank­bar an. Ich lau­fe wei­ter, grei­fe auf der Anrich­te nach der halb­vol­len Kaf­fee­tas­se, nip­pe, lee­re den bereits erkal­te­ten Inhalt im Spül­be­cken aus, und will gera­de nach der Kan­ne grei­fen, um auch die­se aus­zu­spü­len, als ich Ida erbli­cke, die noch immer war­tend vor dem lee­ren Napf neben dem Küchen­tisch sitzt. Um ihre Pfo­ten hat sich bereits eine sicht­ba­re Lache gebil­det, von ihren Lef­zen tropft es, wie aus einem lecken Was­ser­hahn. »Was als nächs­tes pas­sie­ren soll­te?«, sage ich grin­send zu der Bor­der Col­lie Hün­din, grei­fe in mei­ne Hosen­ta­sche und schie­be eine Hand­voll Tro­cken­fut­ter in ihre Schnau­ze. »Das sagen wir aber Zion nicht«, flüs­te­re ich. Dum­mer­wei­se steht der dabei genau hin­ter mir.


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