Der Herbst ist: die beste Jahreszeit für Schmutzfinken. Und Humor, so heißt es: wenn man trotzdem lacht. In diesem Sinne: Hunde, Herbst und – womöglich nicht ganz ernstzunehmende – harsche Worte.
Wir müssen reden. Weil – so geht es nicht weiter. Wir müssen reden, du und ich. Und auch wenn ich weiß, dass du bloß Bruchstücke von dem verstehst, was ich zu sagen habe – das weiß letztendlich wohl jeder, der schon einmal einen dieser wichtigtuerischen Erziehungsratgeber in der Hand gehalten hat, von denen heute immer wieder die Rede ist –, und es mir dennoch kaum gelingt, das, was ich mir von dir wünsche, mit wenigen Worten auszudrücken – Drei-Wort-Sätze werden im Ratgeber-Deutsch dazu empfohlen –, hilft es doch nichts. Nein, wir müssen reden. Selbst, wenn nur ich dabei rede, und du bloß brummst und knurrst, dich mit verdrehtem Blick hinter den Ohren kratzt, oder sonst etwas tust, das deiner Art entspricht, – selbst, wenn mich trotz der vielen Jahre, die wir zusammenleben, noch immer Zweifel beschleichen, ob du uns auf die gleiche Weise, uns wie ich als »Wir« begreifst. Begnüge dich also, wenn du magst, damit zuzuhören, und wenn nicht, gib mir zumindest das Gefühl, dass du meinen Worten folgst und nicht über deinen Lieblingsplatz im Garten, den nächsten Spaziergang oder das Abendessen nachdenkst. Sitzt du gemütlich? Dann bleib.
Es ist – wie soll ich es sagen –, es ist der Dreck, den du von draußen hereinträgst, die kleinen Blätter und Stöckchen, die von dir herunter rieseln, wenn du dich schüttelst, das Gras, die feuchte Erde, – kurz: der Dreck, den du in einem fort auf den Dielen verteilst.
Es ist – und ich kann wohl kaum anders, als dir Berechnung zu unterstellen – diese eigentümliche Angewohnheit, immer genau dann in die Küche zu platzen, wenn gerade geputzt worden ist. Wann immer ich den Lappen aus der Hand lege, weiß ich dich schon in der Tür – beinahe so, als würde der blank polierte Fliesenspiegel deinen Appetit befeuern, als sei an den Geruch scharfer Putzmittel das heftige Verlangen geknüpft, zu kauen, zu schlürfen und zu kleckern. Weil es nämlich unter deiner Würde wäre, einen winzigen Teller zu benutzen – meinetwegen auch eine Schale oder einen Napf –, benutzt du stattdessen grundsätzlich den Großen, will heißen: den Fußboden, scharrst und streckst dich, und verkrümelst dich schließlich, ohne auch nur einmal auf, mich an oder zurückzuschauen. Die Krümel bleiben liegen.
Es ist – und verstehe mich bitte nicht falsch – all das, was du liegen lässt, was von dir aus Schubladen und Schränken herausgezerrt und – kaum benutzt – vergessen wird, um an Ort und Stelle Staub anzusetzen. Ich bin müde dir hinterher zu räumen, nachts über Dinge zu stolpern, die dort nicht hingehören – und selbst wenn es Knochen sind, die ich dir hingeworfen habe, bin ich es leid darüber zu fallen.
Weil – Dirk – das selbst die Hunde besser hinbekommen und du fraglos alles andere bist, als ein Hund.
Jetzt schau doch nicht so. Wer ist ein Feiner?
© Johannes Willwacher