Gleich und gleich gesellt sich gern? Über Ersthunde und die schwierige Wahl des passenden Zweiten.
Wer einen Hund hat, dem stellt sich früher oder später vielleicht die Frage nach einem zweiten. Nach Bruder oder Schwester, Rüde oder Hündin, Gegensatz oder »gleich und gleich gesellt sich gern«. Leicht zu beantworten ist das nicht – den Hund selbst fragen, mit wem er sein Leben lieber teilen möchte, kann man schließlich nicht, und selbst wenn man es könnte, bliebe immer noch die Frage, ob dieser oder jener Vierbeiner der richtige, nein, ob jener der passende ist.
Kinder streuen Salz und Zucker auf die Fensterbänke – und wenn man sie fragt, warum sie das tun, dann antworten sie, man habe ihnen gesagt, dass sich so der Storch bestechen ließe, der das neue Geschwisterkind bringen wird, und man doch gerne sicher gehen möchte, das jenes den eigenen Wünschen entspricht – will heißen: wer lieber einen Salzjungen zum Bruder oder ein Zuckermädchen zur Schwester will, der wählt kurzerhand zwischen süß und salzig und kriegt am Ende dann, was er begehrt. Ich selbst habe deshalb gleich tütenweise Zucker von der Balkonbrüstung geworfen und mich, damals kaum vier Jahre alt, auch schon im Voraus auf einen Namen für das Mädchen eingeschworen, das der Storch statt des Zuckers auf den Balkon legen sollte. Der Name selbst ist eine andere Geschichte, die Schwester aber habe ich bekommen. Gepasst hat sie, den vielen Streitereien nach zu urteilen, die wir als Kinder ausgetragen haben, oftmals dennoch nicht – aber auch das ist eine andere Geschichte. Wie also stellt man das bei Hunden an?
Die Frage, ob der Zweithund männlichen oder weiblichen Geschlechts sein sollte, dürfte erst einmal zweitrangig sein – von größerer Bedeutung ist der Zeitpunkt, zu dem man entscheidet, das eigene Rudel zu vergrößern: steht der erste Hund bereits gut im Gehorsam, spricht eigentlich nichts dagegen, bald einen unerzogenen Welpen einziehen zu lassen – ist das nicht der Fall, kann aus dem Traum vom vierbeinigen Duo aber schnell ein Albtraum werden. Während nämlich ein bereits gut erzogener, erster Hund dem Neuling als Vorbild dienen und schnell bewusst machen kann, was erlaubt ist und was nicht, mag sich das schlechte Benehmen des Ersten durch den Zweiten noch verdoppeln, und statt nur einen zu erziehen, heißt es zwei Hunden beizukommen, die nicht gehorchen und – weil sie einander haben – alles hündisch, alles alleine klären.
Wenngleich der Zeitpunkt also wichtig ist, wollen zuvorderst aber die Eigenschaften des ersten Hundes berücksichtigt, wollen Temperament und Charakter richtig eingeschätzt werden, um diese durch den Zweiten sinnvoll zu ergänzen. Das nicht jeder Hund mit jedem kann und man gut daran tut, möglichst früh ein unverbindliches Kennenlernen zu arrangieren, bedarf dabei wohl ebenso wenig einer Erklärung, wie die Feststellung, dass ein freundlicher, erster Kontakt gut, ein vom Ersthund zur Schau gestelltes Distanz- oder Abwehrverhalten aber ein ziemlich schlechtes Zeichen ist: wo auch nach dem zweiten und dritten Besuch noch Drohgebärden gezeigt werden, wird wahrscheinlich nie eine Freundschaft entstehen – bleibt der Erste vielleicht besser alleine und der Traum vom zweiten Hund wohl besser ein Traum.
© Johannes Willwacher