Manchmal genügt es, ein Wort gegen ein anderes auszutauschen, um die Dinge in einem anderen Licht zu sehen – und um zu verstehen, wie grausam die eigene Denkart ist. Versuchen wir es einmal unter der Prämisse: Kein Hund ist illegal.
Jeder weiß, dass die Hunde, die sie da reinbringen, beißen, dass sie Flöhe und Zecken und Schlimmeres mit sich bringen, dass sie nicht wissen, dass die Nachbarskatze nicht gejagt, dass die Notdurft nur im eigenen, nicht aber in fremden Gärten erledigt werden darf, dass sie anders bellen, hart und kehlig, und dass sie mehr werden, Tag für Tag. Jeder weiß es, selbst wenn keine Zeitung darüber schreibt, aber jeder kennt jemanden, der einen anderen kennt, der von einem der fremden Hunde gebissen, angesprungen oder angebellt worden ist, einen, den sie im Rudel verfolgt haben, und jeder wünscht sich Maulkörbe, die an die fremden Hunde verteilt werden, jeder denkt, dass es längst zu viele, längst genug sind, und dass man hart durchgreifen muss, bevor noch Schlimmeres passiert.
Kein Tierheim in meiner Stadt, sagen die einen, und es geht um unsere Kinder, die anderen. Man strebt danach, höhere Zäune zu bauen, die Fremden auszusperren, oder sie mit dem Stachelwürger zu Unterwerfung und Gehorsam zu erziehen, und dazwischen werden immer öfter Stimmen laut, die nur noch eine Lösung sehen: Wer die Hand beißt, die ihn füttert, der frisst Rattengift.
Es zeugt schon von einer bemerkenswerten Moralvorstellung, wenn man auf Facebook das Elend eines gequälten Hundes anprangert und gleichzeitig sehenden Auges all diese Menschen vor unseren Grenzen krepieren lassen will – und wenn es nur durch Unterlassung ist.
– Raphaele Lindemann
Man tritt für das Leben ein. Und kein oder.
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