Es gibt eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird – nämlich, welcher der sieben Welpen mein Liebling, mein Favorit ist. Weil ich nur ungern eine Antwort schuldig bleibe, möchte ich auch darauf gerne antworten. Vielleicht nicht so, wie man es erwartet – oder für den, der meine Schreibe kennt, gerade so …
Es war einmal ein Mann, der lebte mit seinen sieben Kindern in einer windschiefen Hütte im Wald. Weil es das Leben gut mit ihnen gemeint, und sich in den Wäldern ringsumher immer etwas gefunden hatte, das gejagt, gesammelt und auf den Tisch gebracht werden konnte, wuchsen die Sieben bald heran – eines stärker und schöner als das andere.
Als der Mann sich eines Abends schließlich müde ausgestreckt und das Nachtlicht am Kopfende seines Bettes längst gelöscht hatte, klopfte es mit lautem Schlag an der Tür der Hütte. »Wer mag das sein?«, flüsterten die Sieben, um den Vater nicht zu wecken, sprangen aus den Betten und liefen auf leisen Sohlen zur Tür. Davor fanden sie nicht den verirrten Wandersmann, den sie erwartet hatten, davor stand, in einen mottenstichigen Umhang gehüllt, der schwarze Gevatter höchst selbst.
»Es ist Zeit«, sagte dieser und ließ die Sichel blitzen, »den Vater zu holen, er soll mit mir kommen«. Die Kinder blickten sich mit großen Augen an, dann trat endlich eines hervor und fing mutig an zu sprechen: »Der Vater hat noch nicht beschlossen, welches von uns Kindern ihm das Liebste ist, und wem die Hütte und der Wald gehören sollen. Wenn du errätst, an welchem von uns Sieben sein Herz am meisten hängt, dann magst du ihn gerne mit dir nehmen«. Der Gevatter nahm die Sichel und richtete sie auf das Kind, das gesprochen hatte: »Das wirst schon du sein – du bist sein Sohn –, der einzige wohlweislich. Was sollen die Töchter mit einer Hütte im Wald, in der ihnen alleine Angst und Bang wird?« Der Sohn aber sagte: »Das wäre zu einfach – und allein, weil ich der Einzige bin, macht mich das nicht zu seinem größten Schatz. Rate nur weiter, ich bin es nicht«. Der Gevatter fuhr also fort, versuchte es mit diesem, dann mit dem nächsten Kind, bis er schließlich alle Sieben befragt hatte. Er wusste nun zwar, dass das eine am schönsten, das andere am folgsamsten und wieder ein anderes das mutigste war – das Rätsel, welches der Kinder dem Vater aber das liebste sei, hatte er nicht lösen können. Also nahm er endlich seine Sichel und beschloss, es im Jahr darauf erneut zu versuchen.
Als der Mann am Morgen darauf erwachte, standen die Kinder schon lange um sein Bett. Verwundert rieb er sich die Augen, bis schließlich eines der Sieben die Frage stellte, die allen seit der Nacht auf der Zunge gebrannt hatte. Der Mann lachte und sagte: »Jedes und keines. Jedes, weil jedes besonders, und keines, weil keines wie das andere ist«.
© Johannes Willwacher