Als es Abend wird, beschließe ich noch ein wenig durch die Programme zu zappen, zu schauen, ob sich auf einem der Kabelsender genau jenes Maß an Zerstreuung findet, das leicht genug ist, um dabei einzuschlafen. Seit der Geburt der Welpen habe ich keine einzige Sendung zu Ende geschaut, und ich bezweifle, dass sich bis zu deren Auszug in sechs Wochen irgendetwas daran ändern wird: wenn die Nacht grundsätzlich gegen vier vorbei ist, ist das Abendprogramm kaum noch von Interesse. Ich drücke also auf die Fernbedienung, bleibe kurz beim neu aufgelegten, literarischen Stuhlkreis hängen, ehe ich entscheide, dass selbst die einschläferndste Form von Kritik nicht zum Einschlafen taugt, und es mir viel eher geboten scheint, mich sanft berieseln zu lassen. Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer, sagte Goethes Gretchen im Faust. Bei mir ist’s die Aufmerksamkeit. Anspruchslos, bitte.
Eine Frau mit auftoupierten Haaren stöckelt kreischend durch ein New Yorker Stadthaus – eigentlich viel mehr das, was man als Studioaufbau einem solchen nachempfunden hat –, vom Band werden Lacher dazu eingespielt. Als die Szene endet und die Titelkarte eingeblendet wird, lache auch ich. Nicht etwa, weil jene besonders lustig wäre – nach der fünfundvierzigsten Wiederholung ist kaum noch etwas wirklich lustig –, sondern viel mehr, weil ich feststelle, dass ich streng genommen gerade auch nichts anderes bin, als eine Nanny. Zugegeben sind die Miniröcke, die ich im Alltag trage – das war wirklich lustig! –, nicht ganz so kurz, und statt dreier Kinder aus reichem Hause sind es bei mir sieben Welpen, die betreut werden wollen, aber die Bezeichnung allein trifft es sehr genau. Und nicht nur die.
Sitcoms bedienen sich oftmals dem Prinzip der Überzeichnung – kaum einem Charakter, der in einer solchen Fernsehserie auftritt, würde man auch im wahren Leben begegnen, alles ist auf die einfachsten, die wesentlichsten Charakterzüge zugespitzt: die dumme Blonde, das Biest, der gute Freund, der Märchenprinz. Das gleiche Prinzip scheint aber auch in den ersten Wochen des Zusammenlebens mit sieben Welpen zu gelten. Wo der Charakter erst langsam zu Tage tritt, nutzt man gerne einfache, wesentliche Begriffe, um zu beschreiben, was man sieht: die Zicke, das Püppchen, die Aufgeschlossene, der Raufbold.
Während ich dem Gedanken noch nachhänge, schlafe ich ein. Zehn Minuten Fernsehen – mehr schaffe ich gerade nicht. Das mich das nicht stört, und ich kaum das Gefühl habe, irgendetwas zu verpassen, hat einen ganz einfachen Grund: die gleiche Sendung läuft im Welpenfernsehen rund um die Uhr.
© Johannes Willwacher