Ich habe gerade den Staubsauger abgestellt, als ich Dirk von oben schreien höre. Von oben, das heißt, da ich mich selbst bereits oben befinde, von ganz oben – dem Dachboden unseres Hauses. »Kannst du mal eben?«, klingt seine Stimme dumpf die Stiegen herunter, und obwohl sich alles Übrige im Gebälk verliert, lässt mich der Klang seiner Stimme auf Anhieb verstehen, dass dieses Können keinen zeitlichen Aufschub duldet. Ich lehne also das silbern glänzende Saugrohr an die nächstgelegene Wand, klettere über das Kabel, das sich vom Schlafzimmer aus quer durch das noch leere Welpenzimmer windet, und steige, indem ich immer zwei Stufen auf einmal nehme, eilenden Schrittes die Treppen hinauf. Schon aus dem Augenwinkel sehe ich Dirk im Türrahmen stehen, einen bürstenlosen Besenstil in beiden Händen, und damit vorsichtig im Halbdunkel des dahinterliegenden Dachbodens herumstochern. »Ich hab’s ja allein versucht«, sagt er, als er mich endlich bemerkt, »aber die will einfach nicht weggehen«. Die? Verstehend schiebe ich mich an ihm vorbei und werfe einen Blick um die Ecke: Mitten auf dem vergilbten Lichtschalter sitzt eine große, haarige Spinne.
Haarig, aber auf andere Weise, endet auch die sechste Trächtigkeitswoche: bei vielen Hündinnen beginnt das Fell entlang der Milchleisten dünner zu werden oder ganz auszufallen. Auch andere Veränderungen sind nun selbst für den Laien mit bloßem Auge zu erkennen: die Hündin wirkt im Rücken deutlich breiter, die Taille verschwindet und der Bauch, den die Gebärmutter nun fast zu zwei Dritteln ausfüllt, rundet sich. Mit etwas Fingerspitzengefühl lassen sich jetzt vielleicht auch die ersten Bewegungen der gut zehn Zentimeter großen Welpen unter der Bauchdecke ertasten.
Blind taste ich den Regalboden ab, der sich auf Augenhöhe gleich neben dem Lichtschalter befindet, halte erst ein paar rostige Schrauben, dann den gummierten Griff eines Werkzeuges (zumindest möchte ich im Dunkeln gerne glauben, dass es ein solcher ist) und endlich ein leeres Einmachglas in der Hand – eben jenes, das ich dort vermutet hatte. Lautlos schraube ich den Deckel ab, leere den Inhalt – bloß weitere rostige Schrauben – in meine Hosentaschen, schiebe das Glas über den Lichtschalter und lasse die Spinne, die noch immer keine Anstalten macht, sich vertreiben lassen zu wollen, darin verschwinden. »Moneypenny, was sollte ich nur ohne Sie anfangen?«, sage ich nicht ohne Spott. Dirk grinst – mit der eingemachten Spinne in der Hand soll ich ihm dennoch nicht zu nahe kommen. Gemeinsam machen wir uns schließlich daran, die Bauteile der Wurfkiste, die beinahe zwei Jahre vergessen in einer Ecke des Dachbodens gestanden und auf ihren erneuten Gebrauch gewartet haben, von einer dicken Staubschicht zu befreien. Als die Wurfkiste kurze Zeit später aufgebaut in den Räumen darunter steht, Nell sich zufrieden darin ausstreckt und die beiden anderen Hunde neugierig über den Rand lugen, sind alle glücklich. Mit Ausnahme der Spinne, vielleicht – die sucht ab sofort ein neues Zuhause.
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