Mit ausgestreckten Beinen sitzt Nell auf der blau-weiß gestreiften Liege und lässt sich zufrieden die Sonne auf den Bauch scheinen. Der Wind hat in den Nachmittagsstunden aufgefrischt und mehr und mehr Wolken über den Himmel getrieben – die Hitze der letzten Tage ist mit einem Rauschen im Blätterdach der beiden stolzen Kirschbäume verschwunden –, und wer es noch vorgezogen hat, die Mittagsstunden in der Kühle der Waschküche zu verbringen, genießt nun die letzten warmen Sonnenstrahlen des Tages. Ich stelle den Kaffeebecher, den ich in der Hand gehalten habe, auf dem ausgeblichenen Gartentisch ab, gehe zwei Schritte und setze mich mit überkreuzten Beinen neben der Sonnenliege auf den Boden – Nell streckt sich und lässt den Bauch blitzen. Die Zitzen unter meiner Hand sind rosa und deutlich angeschwollen.
In der vierten Trächtigkeitswoche beginnen sich die Milchdrüsen der Hündin zu entwickeln, oft ist eine Schwellung, verbunden mit einer leichten Rötung zu bemerken. Bei vielen Hündinnen lässt sich nun auch ein glasiger, zäher Ausfluss beobachten, der ausschließlich dann auftritt, wenn die Implantation der Embryonen erfolgt ist, und der als sicherstes Zeichen einer erwarteten Trächtigkeit gilt. Die Embryonalperiode, während der alle lebenswichtigen Organe angelegt werden und das Herz zu schlagen beginnt, endet mit der vierten Woche: Die endgültige Körperform der etwa einen Zentimeter großen Föten ist bereits in ihren Grundzügen erkennbar, Augenhülle und Ohren sind ausgebildet, auch die Tasthaare haben bereits begonnen zu sprießen. Dass viele trächtige Hündinnen nun ein verstärktes Ruhebedürfnis zeigen und wilde Raufereien im Rudel meiden, hat einen guten Grund: Während der Organogenese sind die Föten sehr anfällig – viele angeborene Defekte finden hier ihren Ursprung. Die trächtige Hündin weiß das selbst am besten – und nimmt sich zurück, wo es nur geht.
Ida äugt wachsam durch die sich überkreuzenden Beine des Gartentischs, indes sich Zion, verborgen von einer wild wuchernden Alantstaude, vorsichtig anschleicht. Während die beiden sich kreuz und quer durch den Garten jagen, thront Nell selbstzufrieden auf ihrer Sonnenliege, den Kopf schläfrig auf den Pfoten abgestützt, und gibt nur dann und wann ein tadelndes Bellen von sich, um Häscher und Gehaschten zu ermahnen. Mitspielen? Um keinen Preis. Eigentlich fast der zuverlässigste Schwangerschaftstest.
Noch drei Tage bis zum Ultraschall.
Comments are closed.