Ida bemerkt den Spaziergänger zuerst. Ein Bellen und ein Blick genügen, um Nell darauf aufmerksam zu machen – und noch bevor die Gestalt, die sich geisterhaft durch das Dickicht der Haselsträucher bewegt, das grüne Gartentor erreicht, hat sie entschieden, ob es wert ist, das Rudel in Bewegung zu setzen: Ein Spaziergänger allein ist die Mühe nicht wert, ein Spaziergänger mit Hund dagegen schon. Ein tiefes Brummen von ihr und der Läufer rückt aus, schiebt seine Schnauze durch die Gitterstäbe und ordnet, was zu ordnen ist. Das Miteinander, vielleicht.
Das Miteinander – vielleicht ist es gerade das. Vielleicht steht über allen Wünschen, die man am Altjahresabend ausspricht, der, dem Anderen im neuen Jahr mit offenem Herzen begegnen zu können und das, was fremd ist, anzunehmen. Nicht immer nur das eigene Revier, die eigenen Ressourcen – den eigenen Standpunkt – zu verteidigen und die Rangordnung zu klären. Schwächen anzuerkennen, Beschwichtigungssignale nicht zu übersehen: Man muss sich auf Augenhöhe begegnen, damit der Andere ein Gesicht bekommt.
© Johannes Willwacher