In den ersten Septemberwochen, dann, wenn der Sommer zum Herbst, und der Wald immer öfter vom feuchten Grau des Frühnebels verschluckt wird, ist es unweigerlich der Geruch von Kartoffelwasser, das zischend auf der Herdplatte verdampft, der mir in die Nase steigt; der die Neuronen dahinter befeuert, Bilder zu produzieren, die ein jüngeres Ich einmal gesehen, heimlich kartographiert und abgelegt hat; die wie der Dunst des Kartoffelwassers zu Orten gehören, die längst nicht mehr sind. Dass die inneren Landschaften – jene, die ich erinnere –, oftmals nichts gemein haben mit denen, die sie auslösen, und zwischen der erinnerten, kaltweiß gekachelten Küche und dem kühlen Septembermorgen nur eine willkürliche Verbindung besteht, mag verwirren, stört aber nicht weiter – denn das Glücksgefühl bleibt das gleiche. Das Glück, mit drei Hunden im Nebel zu stehen, wird allein dadurch geschmälert, nicht mehr zu wissen, wessen Küche es war; wer dort am Küchentisch saß, das beschlagene Fenster im Rücken, die Hände auf dem Wachstuch gefaltet, vom diffusen Radius der Deckenlampe leuchtend eingefasst. Wer? Es bräuchte schon eine sehr viel feinere Nase, um das Bruchstückhafte, die Unschärfe am Rand des Bewusstseins, den gestaltlosen Sehnsuchtsort in der eigenen Geschichte festzuschreiben. So bleibt nur Nebel, der dieses und jenes vereinzelt enthüllt. Und mittendrin drei wandernde Punkte, die sich finden, ohne hinzusehen. Die alles wissen, immer der Nase nach.
Ich will den Herbst! […]
Dieser große herrliche Wind, der Himmel
auf Himmel baut; in sein Land möchte ich gehen
und auf seinen Wegen.
Brief von Rainer Maria Rilke
an Clara Rilke-Westhoff (1904)
© Johannes Willwacher