Das worauf es im Leben am meisten
ankommt, können wir nicht voraussehen.
Die schönste Freude erlebt man immer da,
wo man sie am wenigsten erwartet hat.
– »Wind, Sand und Sterne«, Antoine de Saint-Exupéry
Es ist eiskalt, als wir mit der schaukelnden Plastikwanne in den Händen über den Gehweg holpern. In Gedanken sitze ich längst im Auto, bin längst zehn Kilometer weiter, der Tierarzt ist erreicht, und ich halte den erstgeborenen Welpen sicher in meinen Händen. Die Plastikwanne passt genau ins Heck des Autos, Nell darin, unter ihr Kissen und Laken. »Keine Minute verlieren«, denke ich, »jetzt nicht mehr«, und während Dirk sich ans Steuer setzt, atme ich in meine Handflächen hinein. Es ist kurz nach neun. Nell hechelt und presst. Nichts passiert. Der Welpe, das weiß ich, liegt ungeschützt im Geburtstskanal, die Eihaut ist gerissen, der Kopf liegt frei. »Der stirbt mir nicht unter den Händen weg«, erinnere ich mich gesagt zu haben, sehe Straßenschilder und Laternen an mir vorbei fliegen, den Ort im Rückspiegel verschwinden und meinen Atem, der an der dunklen Scheibe kondensiert. Ein Tropfen, der im Scheinwerferlicht der entgegenkommenden Autos aufleuchtet, löst sich, und läuft langsam die Scheibe hinunter. Als sich seine Spur schließlich verliert, haben wir den nächsten Ort schon passiert, und während wir uns angespannt anschweigen, wird es hinter uns laut. Nell leckt. Ich löse den Gurt und knie auf dem Sitz, im Dunkel kann ich nur Schemen erahnen: Eine Schwanzspitze, die sich leuchtend von der Schwärze ringsum abhebt, darunter winzige Pfoten, ein weißes Ohr. »Er ist da«, schreie ich, und meine Stimme überschlägt sich dabei, »er ist da«, und während ich noch nicht ganz begriffen habe, was gerade geschieht, überlege ich schon, ob dieser Welpe nun »Skoda« genannt werden muss …
Ein Welpe ist kein Versprechen. Ein Welpe ist Hoffnung. Auf das Gute, das Glück und dass das, was blind und taub in den eigenen Händen liegt, in alle guten Wünsche hineinwächst.
Ein Jahr. Und meine besten Wünsche für Arix, Edda und Lou, für Zion, Gonzo und Liv.
© Johannes Willwacher