Gäbe es die letz­te Minu­te nicht,
so wür­de nie­mals etwas fertig.
– Mark Twain

Als ich die Augen auf­ma­che ist es noch dun­kel, und für einen Moment bin ich mir nicht sicher, ob ich mir nur vor­ge­stellt habe, die Augen zu öff­nen, und viel­leicht noch immer schla­fend auf mei­ner Decke lie­ge. Neu­er­dings ist es immer dun­kel, wenn ich auf­wa­che. Ich stre­cke lang­sam erst die lin­ke, dann die rech­te Pfo­te, sto­ße im Dun­kel gegen das Git­ter, das ich bei­na­he ver­ges­sen habe, und kaum dass ich mich dar­an erin­ne­re, nicht ein­fach auf­ste­hen und her­um­lau­fen zu kön­nen, mel­det sich mei­ne Bla­se zu Wort. Zumeist ist mei­ne Bla­se längst vor mir wach und setzt dann alles dar­an, mich auf­zu­we­cken. Heu­te scheint sie ver­schla­fen zu haben, den­noch beginnt sie gleich auf mich ein­zu­re­den. Beson­ders ein­falls­reich ist sie nicht, allein die Laut­stär­ke, in der sie redet, vari­iert, und wäh­rend sie mir wie­der ein­mal von Pi und Pi, den bei­den chi­ne­si­schen Was­ser­trä­gern erzählt (die gera­de mor­gens immer sehr viel Was­ser zu tra­gen haben), ste­he ich schließ­lich auf, gäh­ne und umgrei­fe mit spit­zen Zäh­nen das Git­ter. Ein metal­li­sches Schep­pern tönt durch das Schlaf­zim­mer, und kaum dass ich auf­ge­hört habe am Git­ter zu zie­hen, regt sich etwas im Dun­kel. Sche­men­haft erken­ne ich, wie eine Hand unter der Decke her­vor­ge­scho­ben wird und suchend den Boden abtas­tet. Als sie end­lich gefun­den zu haben scheint, was sie gesucht hat, leuch­tet sie kurz auf, und jemand sagt: »Zehn vor sie­ben«. Ich freue mich. Nicht etwa, weil Sie­ben bei­na­he wie Pipi klingt (wobei Zehn vor Pipi auch ziem­lich genau mei­nem Teil der Wahr­heit ent­spro­chen hät­te), son­dern weil ich weiß, dass der schö­ne Tag, der vor mir liegt, nur noch ein Kli­cken ent­fernt ist.

Nach­dem Dirk ges­tern das Wel­pen­zim­mer aus­ge­räumt und auch die Wurf­kis­te, die schon seit Wochen nur noch Stau­raum für Zei­tun­gen, Müll­beu­tel und Ein­mal­hand­schu­he war, abge­baut hat­te, stand Beau mit suchen­dem Blick in der Mit­te des Zim­mers und für einen Moment schien es, als wür­de er begrei­fen, dass da gera­de etwas im Begriff ist, zu Ende zu gehen. Dass er der letz­te von sechs Wel­pen ist, das hat er längst begrif­fen. Statt trau­rig zu sein, hat er sich in den letz­ten Tagen ins Leben gestürzt und den All­tag der ande­ren Hun­de durch­ein­an­der gewir­belt. Er hat gelernt, wie man an der Lei­ne läuft und was ein Spa­zier­gang ist, er weiß, dass man sich beim Bud­deln bes­ser nicht erwi­schen lässt und das Harz an den Pfo­ten klebt, er schläft, wenn er schla­fen soll, und bei­na­he sogar anstands­los in der Box. Als er ges­tern aus dem Wel­pen­zim­mer getrot­tet kam, schien sein Blick den­noch zu fra­gen: »Wie lan­ge noch?«

Drei Tage.

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